Dienstag, 17. Juli 2007

Schutz des „Kernbereichs"? Unsinn!

Zu der abwegigen Idee, den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung auf privaten Speichermedien bei der „Online-Durchsuchung" durch Schlüsselwortanalysen wahren zu wollen, findet sich bei rabenhorst ein schönes Exempel.

Die Idee ist ebenso unsinnig wie das vom OSM und Konsorten (und leider auch SPD-Politikern) propagierte „Richterband", mit dem bei einem Lauschangriff zunächst ausnahmslos alles aufgenommen werden soll, um dann im Nachhinein von einem Richter quasi „zensiert" zu werden.

Vgl. hierzu auch fr-online:

Der Vorsitzende des Richterbundes, der Oberstaatsanwalt Christoph Frank, warnte vor den praktischen Schwierigkeiten eines solchen Verfahrens. Es bedeute einen "gigantischen Arbeitsaufwand", sagte er der ARD. Dieser könnte Ermittlungen sogar behindern. Die Justiz müsste deutlich nachrüsten und wesentlich mehr Ermittlungsrichter einstellen.

Das würde auch für den Bundesgerichtshof (BGH) gelten. Denn bei Terrorismusverdacht ermittelt die Staatsanwaltschaft des Bundes, also die Bundesanwaltschaft. Die zuständigen Ermittlungsrichter, die Online-Durchsuchungen genehmigen und danach die Festplatten-Kopien lesen müssten, sind die Ermittlungsrichter des BGH.

Die Probleme bei der Umsetzung sind möglicherweise aber noch die geringeren. Denn es ist fraglich, ob ein "Richterband" rechtlich zulässig wäre. Das Bundesverfassungsgericht hat im Urteil zum großen Lauschangriff untersagt, dass Privatgespräche oder gar Intimes heimlich aufgenommen werden. Die Tonbänder müssen dann abgestellt werden. Das würde beim "Richterband" aber umgangen. Erst einmal wäre alles auf Band, der Richter würde die Verletzung der Privatsphäre nur nachträglich abmildern, indem er die Weitergabe unzulässiger Aufzeichnungen an die Staatsanwaltschaft verhindert. Betroffene müssten dagegen hinnehmen, dass zumindest gegenüber dem Ermittlungsrichter der Schutz ihrer Intimsphäre nicht mehr gilt.

Aber wen stören denn schon verfassungsrechtliche Bedenken, nicht wahr, Herr OSM? Dann wird die Verfassung eben auch insoweit „ergänzt".

2 Kommentare:

Frank Hornung hat gesagt…

Ich bin derzeit dabei meine Platte aufzuräumen. Nicht präventiv des Bundestrojaners, sondern einfach weil es mal wieder nötig ist. Im Unterschied zu einem Richtiger weiß ich aber was auf meiner Platte zu finden sein sollte. Trotzdem bin aber jetzt schon drei Tage damit beschäftigt zu sortieren und zu sichern. Ich kann die meisten Ordner und Dateien einfach übernehmen oder löschen ohne die Daten vorher noch einmal anzusehen. Ein Richter währe mit einer ungleich umfangreicheren Aufgabe doch wesentlich länger beschäftigt. Schließlich weiß er ja nicht was sich hinter Einkaufszettel.doc wirklich verbirgt.

Q hat gesagt…

In der Politik geht es (auch) darum Begriffe zu besetzen, ggf. zu erfinden. "Online-Durchsuchungen" ist so ein Begriff und eigentlich "Neusprech", denn es geht um heimliches Überwachen, nicht um einen Vorgang, der analog zu rechtstaatlichen Durchsuchungen zu bewerten wäre. "Richterband" und Äußerungen zum angeblichen Schutz des privaten "Kernbereiches" sind völlig unscharfe Begriffe, mit denen lediglich die Diskussion am Leben gehalten werden soll und um die zugehörigen Schlüsselbegriffe möglichst oft publizieren zu können. Mit Ausführungen über Sinn, Zweck und Technik zu der Schlüsselwortsuche werden Nebenkriegsschauplätze zur vermeintlichen Hauptsache und Fragen der objektiven Notwendigkeit, Nutzen, Konformität zur Verfassung und technische Machbarkeit verdrängt. Wer den "Schutz des privaten Kernbereiches" zusichert, der sagt mir aber auch, dass er eigentlich alle Bürger als Ziel der Maßnahme sieht. Womit die Mär von der Terrorbekämpfung vom Tisch sein dürfte.