Donnerstag, 31. Mai 2007

Mißbrauch bei der Wahrnehmung gesetzlicher Befugnisse

Ermittlungsbehörden, d.h. Staatsanwaltschaft und die Polizei, haben nicht nur bestimmte (Eingriffs-)Befugnisse, sondern ihnen werden bei Ihrer Tätigkeit auch Regeln und Pflichten auferlegt. Zum Beispiel müssen für bestimmte Ermittlungsmaßnahmen gerichtliche Beschlüsse eingeholt werden.

Eigentlich müßte man wegen der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht davon ausgehen, dass sich Ermittlungsbehörden an diese Regeln halten und entsprechende Gerichtsbeschlüsse erwirken.

Es gibt eine Entscheidung des BGH, die in bemerkenswerter Deutlichkeit darlegt, dass sich - zumindest in dem konkreten Verfahren - die Ermittlungsbehörden nicht an diese Regeln gehalten haben.


Ich befürchte, dass ähnliches passieren könnte, wenn Überwachungsbefugnisse, gleich welcher Art, weiter ausgebaut werden. Wer gibt die Sicherheit, dass der Staat diese Befugnisse nicht mißbraucht? zB bei der geplanten Online-Durchsuchung? Die Sanktion bei einem Mißbrauch - nach Abwägung aller Umstände evtl. ein Verwertungsverbot - scheint mir angesichts des nicht unerheblichen Potentials und der Sensibilität der ermittlungsfähigen Daten nicht sonderlich geeignet, von einem Mißbrauch abzuhalten. Was tun? Hoffen, dass der Staat sich an die Regeln hält? Oder bei einer Ausweitung der Überwachung zugleich auch Regelungen treffen, was - ggf. auch mit dem ermittelnden Beamten persönlich - passiert, wenn die Ermittlungen rechtswidrig waren?

Mittwoch, 30. Mai 2007

Weckruf für Deutschland

Da Kommentare gelegentlich überlesen werden, hier ein kurzer Hinweis:

JollyOrc schlug zum Beitrag "Die Volkszählung - 20 Jahre danach" Folgendes vor:
Weckruf für Deutschland?

Das Schnüffelblog fragt angesichts des 20. Jahrestags der letzten Volkszählung:
Was muss noch alles passieren, damit das Volk endlich einmal wieder aufwacht?
Tja. Vielleicht sollten wir es mal wachrufen? Demos werden ja heutzutage eh kaum mehr wahrgenommen, bzw. wegreguliert.
Da ich heute nacht an Schlaflosigkeit leide, ging mir dann aber folgendes durch den Kopf: Lasst uns einfach alle am 20. Juni um 4:22 (ist schlicht die Uhrzeit jetzt gerade) aufstehen, auf die Straße gehen, und im Schutz der Dunkelheit einmal alle Nachbarn wachbrüllen:

"AUFWACHEN! DEUTSCHLAND ENTWICKELT SICH GERADE ZUM ÜBERWACHUNGSSTAAT! TUT ENDLICH WAS!"

Danach könnt Ihr wieder selig ins Bett wanken. Wenn genug mitmachen, hört man vielleicht sogar einen Häuserblock weiter einen weiteren Rufer in der Wüste?

Also, 20. Juni, 4:22. Weitersagen!

Jedenfalls originell, die Idee! Bei entsprechender Teilnehmerzahl könnte die Aktion es sogar in die Medien schaffen, womit wieder ein bisschen mehr Öffentlichkeit für das Anliegen erreicht wäre.

Dienstag, 29. Mai 2007

Diesen durchgeknallten Staat verhindern ...

Ein Audio-Kommentar von Hans-Ulrich Jörges, stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Berliner Büros der Illustrierten Stern, zum Thema: „Sicherheitsorganen knallen Sicherungen durch" endet mit den Worten:

„Diesen durchgeknallten Staat müssen wir verhindern und dem müssen wir als Medien auch Grenzen setzen. Ich bin jedenfalls dazu entschlossen."

Das lässt hoffen!

Die Volkszählung - 20 Jahre danach

heise online erinnert:

"Mit dem Stichtag 25. Mai 1987 wurde die letzte umfassende Volkszählung durchgeführt, musste ein umfassender Fragebogen ausgefüllt werden. Zuvor hatte unter dem Slogan "10 Minuten, die allen helfen" eine der aufwendigsten Werbekampagnen der Bundesregierung in Funk, Fernsehen und Zeitschriften für die Akzeptanz der Volkszählung geworben. Denn vier Jahre vorher war eine Volkszählung am Widerstand der Bevölkerung gescheitert."

Die aus heutiger Sicht geradezu harmlosen Fragen führten zu einer bundesweiten Protestbewegung, die durch alle Bevölkerungsschichten ging. Was heute alles Realität ist, das damals noch als Horrorszenario gegolten hätte, zeigt ein Bericht des Deutschlandfunks. Nur - regt sich Widerstand? Fehlanzeige! Fingerabdruckspeicherung, Mautdaten, Rasterfahndung, Online-Durchsuchung, Großer Lauschangriff, Kronzeugenregelung usw. pp. Was muss noch alles passieren, damit das Volk endlich einmal wieder aufwacht?

Frau „die-Gesamtentwicklung-nicht-aufhalten-Harms"

Wann man liest, was die Generalbundesanwältin beim Bundesgerichtshof Monika Harms in einem SPON-Interview den Redakteuren zu Protokoll gab, könnte man schlicht resignieren:
(Link gefunden im law blog)

"Wir betreiben keine Willkür"
...
„SPIEGEL: Nach dem 11. September 2001 hat die Bundesregierung die schärfsten Sicherheitsgesetze aller Zeiten durchgesetzt. Nun will die Regierung noch einmal nachlegen und die Online-Durchsuchung, die Rasterfahndung, die Nutzung von Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung und eine neue Kronzeugenregelung einführen. Ist der Staat bei der Sicherheitspolitik ein gefräßiges Wesen, das unersättlich ist?

Harms: Vielleicht muss man noch besser vermitteln, warum dies diskutiert wird. Das ist doch kein Selbstzweck und kein Angriff auf die Bürger. Es geht im Gegenteil darum, die Bürger zu schützen. Wir versuchen gerade, Anschläge möglichst von unserer Gesellschaft fernzuhalten, und dafür müssen wir auf Augenhöhe mit denen bleiben, die unsere Freiheit bedrohen.

SPIEGEL: Die Frage ist, wann die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit aus dem Gleichgewicht gerät. Wollen wir beispielsweise wirklich, dass an einer Mautstelle jedes Auto fotografiert und potentiell erfasst wird, um damit im Zweifelsfall auch Verbrechen zu bekämpfen?

Harms: Wir werden doch schon jetzt überall erfasst: mit der Kreditkarte oder der Versicherungsnummer, etwa beim Arzt. Wir sind auf dem Weg zum gläsernen Menschen. Demnächst erhalten wir vom Finanzamt eine persönliche Identifikationsnummer, mit der wir überall identifiziert werden können. Ich finde das auch nicht schön, aber wir leben in einer Welt, in der Technik so viele Erfassungsmöglichkeiten hat, dass prinzipiell fast alles über jeden nachvollziehbar ist.

SPIEGEL: Damit plädieren Sie doch selbst dafür, nicht alles technisch Machbare umzusetzen, sondern politisch zu diskutieren, was gewollt ist.

Harms: Sie haben Recht. Ob wir die Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung nutzen wollen, ist vor allem eine politische Frage, die auch politisch entschieden werden muss. Sie werden die Gesamtentwicklung nicht aufhalten. Im Übrigen sollen die genannten Ermittlungsmethoden ja nicht flächendeckend für alle Straftaten und alle Behörden erlaubt werden. Aber ich halte es für vertretbar, sie bei der Aufklärung schwerster Straftaten zu nutzen."

Nach Wolfgang-ich-bin-anständig-Schäuble kommt jetzt also die „die-Gesamtentwicklung-nicht-aufhalten-Harms". „Wir sind auf dem Weg zum gläsernen Menschen." - zwar nicht „schön", aber auch nicht schlimm, oder wie - und insbesondere nicht mehr aufzuhalten? Höchste Zeit, dass die Bürger ihren „anständigen" Oberschnüffelminister, ihre zu diesem Thema militant schweigende Kanzlerin und auch die blauäugig kritiklose Generalbundesanwältin eines Besseren belehren!

Montag, 28. Mai 2007

Google - Vorsicht mit dem Datenhamster !

GMX.net berichtet:

„EU-Experten zweifeln an Googles Datenschutz

Google speichert bis zu zwei Jahre lang die Suchen seiner Nutzer - jede Anfrage ist theoretisch zurückzuverfolgen. Jetzt ziehen EU-Experten und -Kommission dieses Vorgehen in Zweifel, auch in den USA läuft ein Verfahren. Der Konzern rechtfertigt sich.
...
Google speichert zu jeder Suchanfrage die IP-Adresse, von der aus die Anfrage gestellt wurde - woraus man Schlüsse auf den Nutzer ziehen kann. Lange Zeit wurde die IP-Adresse unbefristet gesichert. Erst vor Wochen stellte der Konzern auf eine Lagerfrist von ein bis zwei Jahren um. Eine unabhängige Expertengruppe der EU fordert jetzt Aufklärung über dieses Vorgehen. Denn möglicherweise verstoße Google trotz des verkürzten Speicher-Zeitraums gegen EU-Datenschutzgesetze, bemängelt die sogenannte Artikel-29-Gruppe in einem offenen Brief an Google. In der Gruppe arbeiten Datenschutzexperten aus der EU zusammen, Vorsitzender ist der deutsche Datenschutzbeauftragte Peter Schaar.
...
Google verteidigte heute die Speicherung von Nutzerdaten. Peter Fleischer, zuständiger Experte des Konzerns, sagte, die Daten würden aus Sicherheitsgründen und zur Verbesserung der Suchmaschine benötigt. Google habe jedoch von sich aus beschlossen, die bei einer Suche gewonnenen Daten nach 18 bis 24 Monaten zu löschen."


Jede Anfrage theoretisch ein bis zwei Jahren zurückzuverfolgen - toll, oder? Es dürfte wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der Oberschnüffelminister mit der Bitte um „Amtshilfe" bei Google vorstellig wird. :-(

Freitag, 25. Mai 2007

Heute so, morgen so - Zypries kippt schon wieder um

tagesschau.de berichtet von einem äußerst kurzfirstigen Sinneswandel unserer (?) Justizministerin:

„Zypries verteidigt Geruchsproben

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat im Streit um die Abnahme von Körpergeruchsproben bei einigen G8-Gegnern die Medien scharf angegriffen. Diese hätten das Thema unter Missachtung der Rechtslage als Skandal inszeniert, sagte Zypries in München. Die Geruchsproben würden nur für die Strafverfolgung eines Brandanschlags genutzt und danach vernichtet, so die Ministerin. Die Strafprozessordnung ermögliche dies. Spekulationen, dass die Proben zur Identifizierung von Demonstranten beim G8-Gipfel in Heiligendamm verwendet werden könnten, seien "an den Haaren herbei gezogen". ...

Gestern hatte Zypries noch erklärt, die Entnahme von Geruchsproben hätten bei ihr ein "sehr ungutes Gefühl" hinterlassen, obgleich sie legal seien."

Toll, nicht? Binnen 24 Stunden ändert die Dame ihre Meinung - immer frei nach dem Motto: Was schert mich mein Geschwätz von gestern - und schwenkt mal wieder auf die Linie des Oberschnüffelministers ein, wie auch schon bei der sog. „Online-Durchsuchung"

Man kann sich vorstellen, welchen „Widerstand" Frau Zypries dem Oberschnüffler bei seinen anderen Frontalangriffen auf die Verfassung noch entgegensetzen wird.

Donnerstag, 24. Mai 2007

Microsoft = Microschäuble ?!!!

PC Magazin berichtet:

„Microsoft forscht derzeit daran, wie sich die Daten von Internetnutzern ausspähen lassen. Bereits jetzt soll es möglich sein, anhand des Browser-Verlaufs das Geschlecht und das Alter des Internetnutzers zu bestimmen. Microsoft erwartet, dass sich später aber auch weitere persönliche Daten in Erfahrung bringen lassen, ohne dass das ausspionierte Opfer dazu seine Zustimmung gibt.
...
Langfristig erwartet Microsoft, dass sich mit Hilfe eines neuartigen "Cookies" auch persönliche Daten eines Internetnutzers herausfinden lassen. In diesen Cookies werden nach dem Willen von Microsoft alle besuchten Webseiten protokolliert. Durch Auslesen des Browser-Caches und der neuen Cookies soll sich unter anderem der Name, die Herkunft, der Ausbildungsweg und der Beruf eines Internetnutzers in Erfahrung bringen lassen. Dazu muss der ausspionierte Nutzer nicht einmal zustimmen. Microsoft arbeitet derzeit an passenden Software-Routinen dafür.

Datenschützer sehen darin aber eine Gefahr und meinen, dass ein solches Vorgehen in zahlreichen Ländern nicht erlaubt sei, weil entsprechende Datenschutzgesetze ein solches Ausspionieren verbieten."

Das ist ja wohl der Gipfel der Frechheit! Erst iGoogle und nun das! Bleibt nur zu hoffen, dass diese Technologie nur mit dem Microschrott-Browser IEX funktioniert, den man ohnehin tunlichst meiden sollte, nicht zuletzt wegen der zahlreichen und immer neuen Sicherheitslücken (der aber leider immer noch von der Mehrzahl der User genutzt wird). Sich darauf zu verlassen, dass „entsprechende Datenschutzgesetze ein solches Ausspionieren verbieten" dürfte wohl eher blauäugig sein - was machbar ist, wird auch gemacht (Murphys Law, Schäuble-Edition). Ansonsten gilt natürlich ohnehin: Am Ende einer Internet-Sitzung zumindest alle temporären Cookies und sonstigen Internetspuren löschen - geht z.B. mit OPERA (tjaja, mein Lieblingsbrowser) ganz einfach mit einem Klick ;-)

Google: Möglichst viele private Daten horten

Nicht nur der Oberschnüffelminister hat einen unstillbaren Datenhunger. Wie heise online berichtet, will Google noch mehr persönliche Daten seiner Benutzer sammeln:

„Google will nicht böse sein, aber die Betreiber der Suchmaschine haben einen unersättlichen Hunger nach neuen Daten der Benutzer. Ziel sei es, so sagte Google-CEO Eric Schmidt laut Financial Times, möglichst viele persönliche Daten zu sammeln, so dass man den Benutzern eines Tages sagen könne, welchen Job sie nehmen und was sie morgen machen sollen.
...
Der neu gestartete Dienst iGoogle ist für Schmidt in dieser Hinsicht ein wichtiger Schritt. Mit dem Programm kann der Benutzer seine Startseite personalisieren und liefert so Google weitere Informationen über seinen Wohnort, seine Vorlieben und Interessen. Dazu kommt die personalisierte Suche, mit der der Benutzer (und Google) erkennen kann, nach was er wann gesucht und welche Seiten er besucht hat. Entwickelt wird noch Google Recommendations. Dabei sollen anhand von bereits erkannten Präferenzen, des Wohnorts des Benutzers und der Geschichte ähnlicher Benutzer Empfehlungen für Produkte oder Dienste erstellt und auf der personalisierten iGoogle-Seite ausgegeben werden."

"... möglichst viele persönliche Daten, bereits erkannte Präferenzen, Wohnort, Vorlieben, Interessen, was wann gesucht, welche Seiten besucht" - schöne neue Welt!

Bleibt nur noch die Frage, wann der Oberschnüffelminister sich Zugriff auf diese unerschöpfliche Datenquelle verschafft - aber vielleicht gehört die Direktleitung zum W.i.b.a.S. & Co, ja schon zum Programm und wird nur noch nicht verraten.

Aber ernsthaft - das Ganze sieht sicherlich schick aus und mag auch teilweise praktisch sein Tatsächlich werden hier aber wieder - diesmal von Privaten - in erheblichem Unfang mehr oder weniger spezielle persönliche Daten gesammelt, die weitere Bausteine im Puzzle des gläsernen Menschen sind. iGoogle ? Nein Danke!

Mittwoch, 23. Mai 2007

Das GG wird 58 - gibt's Geschenke?

Unser aller Grundgesetz - oder das, was nach einigen Verschlimmbesserungen davon übrig geblieben ist - hat heute 58. Geburtstag. Schade nur, dass die Koalition ihr Geburtstagsgeschenk nicht rechtzeitig fertig bekommen hat - das neue „Grundrecht für die Freiheit im Internet". Klingt doch toll, oder? Ein neues eigenes Grundrecht, ein echtes Kind des noch jungen 21. Jahrhunderts, ganz im Stil unserer modernen IT-Gesellschaft!!!

Nur leider ist das Geschenk noch in Arbeit, über die noch andauernden Bastelarbeiten berichtet heise online:

„Grundgesetz soll an moderne Kommunikationsgesellschaft angepasst werden

Politiker von SPD und CDU/CSU planen eine Anpassung des Grundrechtskatalogs an die moderne Kommunikationsgesellschaft. Es soll ein neues Grundrecht geben für die Freiheit im Internet, berichtet der Berliner Tagesspiegel. SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz und CDU-Innenexperte Ralf Göbel hoffen demnach, bis zum Ende der Legislaturperiode könne ein Gesetzentwurf stehen. "Das Internet ist ein neuer Raum, die vierte Dimension, eine Welt, in der Menschen leben, lieben, sich wirtschaftlich betätigen", begründet Wiefelspütz seinen Vorstoß. Diese Welt solle sich auch im Grundgesetz als ein Raum der Freiheit wiederfinden." ... Für Göbel und die CDU ist der Ansatzpunkt die aktuelle Frage der Online-Durchsuchung. Vor einem Eingriff in ein Grundrecht - wie bei der Online-Durchsuchung - müsse definiert sein, um welches Grundrecht es sich dabei eigentlich handelt."

Wirklich toll - oder aber unglaublicher Schwachsinn? Leider Letzteres!

Zitiert werden hier zwei Volljuristen, die eigentlich gelernt haben sollten, dass Grundrechte klassischerweise Freiheits- bzw. Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat sind. Das GG geht von der Freiheit des Menschen als naturgegeben aus, vgl. schon Art. 2 GG Allgemeine Handlungsfreiheit; Freiheit der Person; Recht auf Leben:


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.



Ein „Grundrecht für die Freiheit im Internet" zu propagieren heißt demnach, ein ohnehin schon verfassungsrechtlich garantiertes Recht zu fordern - ziemlich sinnlos, oder? Da fragt sich doch, wollen diese beiden studierten Juristen dem Volk wirklich derartige Plattitüden zumuten?

Der Herr Göbel allerdings hat ja schon bei anderer Gelegenheit deutlich gemacht, dass ihm kaum ein Schwachsinn peinlich ist. Hatte er doch jüngst behauptet, eine Grundgesetzänderung habe keinen Abbau von Grundrechten zur Folge. Vielmehr würde sie erstmals Regelungen für Online-Durchsuchung schaffen und somit den Grundrechtsschutz erweitern. Deutlicher kann mein seine absolute Unkenntnis vom Wesensgehalt der Grundrechte kaum demonstrieren!

Von ähnlicher Qualität ist seine jetzige Äußerung, vor einem Eingriff in ein Grundrecht - wie bei der Online-Durchsuchung - müsse definiert sein, um welches Grundrecht es sich dabei eigentlich handelt.

Richtig daran ist allein, dass staatliche Online-Schnüffelei massiv in Grundrechte der Betroffenen eingreift, insbesondere in Art 13 GG - Unverletzlichkeit der Wohnung; das scheint selbst der Oberschnüffelminister inzwischen begriffen zu haben. Nur warum muss das vor einem solchen Eingriff „definiert" werden? Tatsache ist, dass staatliche Online-Schnüffelei nach ganz überwiegender Auffassung ganz erheblich in Bürgerrechte aus Art. 13 GG eingreift und nach derzeit geltendem Recht mangels entsprechender Rechtsgrundlage unzulässig ist.

Ein „Grundrecht für die Freiheit im Internet" schaffen zu wollen, kann also in Wahrheit nichts anderes bedeuten, als die tatsächlich ohnehin gegebene Freiheit einschränken zu wollen, indem z.B. die Grenzen der Freiheit und staatliche Eingriffsmöglichkeiten grundgesetzlich normiert werden - ganz auf der Linie der - mit Verlaub - schwachsinnigen Logik, eine Grundgesetzänderung bewirke keinen Abbau von Grundrechten, sondern erweitere den Grundrechtsschutz.

Ich wünsche mir was...

WibaS: "Wir müssen uns auch in der Nachrichtengebung daran hindern, mit völligen Übertreibungen die Menschen in Angst und Panik zu versetzen." Quelle.

Ich würde mir wünschen, dass er gesagt hätte: "Wir müssen uns auch in der Politik daran hindern, mit völligen Übertreibungen die Menschen in Angst und Panik zu versetzen.".

58 Jahre und kein bisschen antiquiert

Wir feiern heute einen Geburtstag; das Grundgesetz wird 58 Jahre alt. Link auf die Urfassung

Das Grundgesetz beschreibt die Grundlage des Zusammenlebens in der Bundesrepublik Deutschland und legt dabei - wenn auch nicht ausdrücklich - ein gewisses Leitbild der Bürger und des Staates zu Grunde. Es geht davon aus, dass der Bürger mündig ist, sie dem Staat nicht als Objekt gegenüber stehen und dem Staat, d.h. Legislative, Exekutive und Judikative, in ihrem Handeln Grenzen gesetzt werden, die immer und zwingend zu beachten sind. Der Bürger hat gegen den Staat Grundrechte, die dieser nur in Grenzen beschränken kann und darf.

"Ziviler Ungehorsam" gegen die Ideen von Politikern ist - so lange er friedlich bleibt - vom Staat nicht nur hinzunehmen, denn wir leben in einem freien Land, sondern die Politik muß ihn zur Kenntnis nehmen und überlegen und reflektieren, ob dieser Protest gegen ihre Politik berechtigt ist. Ich halte es für hochgradig bedenklich, wenn Politiker den Widerspruch zu ihrer Politik als "gefährlich" einstufen - auch wenn die Möglichkeit besteht, dass der Protest friedlich bleibt.

Es kann nicht angehen, dass sich Politiker der Kenntnisnahme dieses Protestes mit Hilfe der Verwaltung dadurch entziehen, dass um den Platz herum, an dem sie tagen werden, ein flächendeckendes Demonstrationsverbot verhängt wird. Das ist einer streitbaren Demokratie, wie sie das Grundgesetz als Leitlinie festschreibt, unwürdig. Politiker haben kein Recht darauf, dass sie gegen die Kenntnisnahme von Protest geschützt werden.


Laßt uns den heutigen Geburtstag des Grundgesetzes zum Anlass nehmen, für das Grundgesetz und seine ihm zu Grunde liegenden Wertungen auch mit den Politikern zu streiten, um dieses dauerhaft zu sichern.

Dienstag, 22. Mai 2007

Schäuble - an Zynismus und Verlogenheit nicht zu überbieten

Das ist ja wohl der Gipfel der Frechheit: Wie WELT online berichtet, hat sich der Oberschnüffelminister „besorgt" über zunehmende Gefahren durch Computer-Kriminelle und Spionage im Internet geäußert:

„Angriffe von Computerviren, Trojanern und Spionagesoftware könnten in der zunehmend elektronisch vernetzten Gesellschaft in ihrer Wirkung bis zum Stillstand des gesamten gesellschaftlichen Lebens reichen", sagte der CDU-Politiker. ... Die Zahl der gemeldeten Angriffe habe sich von Januar 2004 bis Mai 2006 verhundertfacht. Angesichts dieser Entwicklungen und der Bedrohung zunehmend auch von nicht-staatlicher Seite müssten die Risiken neu bewertet werden.
...
Schäuble verteidigte erneut seinen Plan, im Kampf gegen den Terrorismus auch heimlich in vernetzte Computer von Verdächtigen einzudringen. Online-Durchsuchungen durch Polizei und Verfassungsschutz seien nötig, weil das Internet zunehmend auch zur Vorbereitung von Terroranschlägen genutzt werde und es deshalb in der realen Welt immer weniger Ermittlungsansätze gebe. "Die Behörden müssen dort ermitteln können, wo relevante Informationen liegen", sagte Schäuble. ... Er werde beim staatlichen Zugriff auf fremde Computer allerdings ebenso auf Sicherheit achten, betonte der Minister. Es müsse größte Sorgfalt darauf verwendet werden, dass die zur Online-Durchsuchung verwendete Software keine Sicherheitslücken produziere oder durch Dritte genutzt werden könnte."

Obwohl - im Ergebnis teile ich sogar seine Auffassung: „zunehmende Gefahren durch Computer-Kriminelle und Spionage im Internet" sind in der Tat ein ganz massives Problem, in erster Linie allerdings die hierdurch bewirkte Bedrohung zunehmend auch und gerade von staatlicher Seite.

Ansonsten ist es ja wohl schlicht unerträglich, einerseits vor diesen Gefahren zu warnen und andererseits genau das zu fordern, nämlich die Verpestung von Rechnern mit Spionagprogrammen - die zudem nach Ansicht vieler Fachleute selbst zu einem unkontrollierbaren Risiko werden kann, trotz er von W.i.b.a.S. geforderten „größten Sorgfalt".

Ansonsten zeigt sich wieder einmal, dass der Oberschnüffler von der realen Welt des Internets nicht die geringste Ahnung hat, wenn er tatsächlich glaubt, per Online-Durchsuchung die Kommunikation von Bösewichten kontrollieren zu können. Wesentlich wahrscheinlicher erscheint mir allerdings, das er das durchaus weiß, aber eben auf derartige Schlagworte setzt, weil sein Frontalangriff auf die Verfassung mit rationalen Argumenten eben nicht zu begründen ist.

Montag, 21. Mai 2007

Bosbach klaut bei Ulbricht ?!

Leider (?) erst jetzt gesehen: Ein Bild sagt bekanntlich mehr als 1000 Worte - manchmal gilt das auch für einen Videospot:

O-Ton des
Ex-Supermarktleiters,
Rechtsanwalts,
amtierenden Präsidenten der Karnevalsgesellschaft Große Gladbacher von 1927 e.V.
und
jetzigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für das Ressort Innen- und Rechtspolitik,
(Quelle: www.wobo.de)
Wolfgang Bosbach am 18.o4.2007:

„Es hat niemand vor, einen Überwachungsstaat in Deutschland zu errichten."

(Leider wohl nicht karnevalistisch gemeint)

Ähnliches haben wir doch schon einmal gehört ... Aber jede Ähnlichkeit wäre natürlich rein zufällig - auch bezüglich des Wahrheitsgehaltes, oder ???

Quantensprung in der Schnüffellogistik

Die Kollegen Maas erinnern an einen bevorstehenden Quantensprung in der Schnüffellogistik und stellen hierzu fest: „Eine gesellschaftliche Debatte fehlt."

In der Tat, die Einführung der Identifikationsnummer durch die sog. Steueridentifikationsverordnung zum o1.o7.2007 blieb in der öffentlichen Diskussion bedauerlicherweise nahezu unbeachtet. Wie weit ist unsere früher - jedenfalls teilweise - wirklich kritische und tatsächlich auch mächtige Presse schon herunter gekommen???

Jeder der 80 Millionen meldepflichtigen Einwohner Deutschlands bekommt eine lebenslang gültige Nummer verpasst, „Die gespeicherten Daten werden von den Behörden ständig aktualisiert und können bis zu zwanzig Jahre über den Tod des Bürgers hinaus gespeichert und für steuerliche Verfahren verwendet werden" - wirklich nur „für steuerliche Verfahren"??? Wer das glaubt, hält auch den Oberschnüffelminister für harmlos - und hat wahrscheinlich auch „nichts zu verbergen".

Es bleibt zu hoffen, dass das Fazit der Kollegen: „Es wird wieder dem Judiz des Bundesverfassungsgerichts obliegen, den Grundrechten der Bürger Geltung zu verschaffen und den Tendenzen eines sich ausbreitenden Überwachungsstaates zu wehren" Wahrheit wird.

Erst Falschparker, dann Mörder ?!

Flächendeckende Videoüberwachung und Null Toleranz schon gegenüber Ordnungswidrigkeiten, um schlimmere Taten zu verhindern, das ist die offensichtlich die Quintessenz dieser im September 2006 in Berlin gehaltenen Rede unser aller (?) Kanzlerin.

Klingt überspitzt? Sehen sie selbst, die meint das ernst - todernst!

Link gefunden im Farliblog.

Nachtrag: S. auch die muntere Diskussion im law blog des Kollegen Vetter hierzu sowie insbesondere die Pressemitteilung der CDU, die die Authentizität des Spots bestätigt.

Samstag, 19. Mai 2007

Anwaltstag verabschiedet Resolution

Vom 17. bis 19. Mai 2007 fand in Mannheim der Anwaltstag statt. Auf dem Anwaltstag wurde von den Teilnehmern eine Resolution verabschiedet, deren Pressemitteilung verschiedentlich bereits zitiert wurde. Anbei der Link auf die Resolution.

Die Überschriften der zwei DIN-A4-Seiten:
1. Die Verfassungsmäßigkeit eines verfassungswidrigen Gesetzes darf nicht dadurch hergestellt werden, dass man die Verfassung ihm anpasst.
2. Verdachtslose Onlinedurchsuchungen, insbesondere Staatshacking, sind ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung.
3. Die freie und vertrauensvolle Kommunikation ist Grundvoraussetzung für eine freiheitliche Gesellschaftsordnung.
4. Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht in Verdachtskarteien geführt werden, die zu einer lückenlosen Überwachung des Einzelnen führt.
5. Über Art und Umfang konkreter Eingriffe zur Gefahrenabwehr muss in jedem Fall nach Abschluss der Maßnahmen jeder, der von ihnen betroffen war, aktiv informiert werden, jedermann muss ein Recht auf nachträgliche richterliche Überprüfung haben, und es muss Sanktionen geben, wenn ein Eingriff rechtswidrig war.
6. Ohne den überzeugenden Nachweis der Eignung zur Gefahrenabwehr darf es keine gesetzlichen Eingriffe in Freiheitsrechte geben. Sie müssen zudem befristet sein.

Ein Punkt klingt höchst interessant: "(...) es muss Sanktionen geben, wenn ein Eingriff rechtswidrig war.". Sanktionen, wenn ein Eingriff rechtswidrig war. Sanktionen gegen wen?

Den Politiker, der an dem Erlaß eines verfassungswidrigen Gesetzes mitwirkt; den Bundespräsidenten, der das verfassungswidrige Gesetz unterschreibt - oder nachdem das Gesetz in Kraft ist: den Beamten, der die auf das Gesetz gestützte Maßnahme anordnet, beantragt oder ausführt; den Richter, der einen verfassungswidrigen Beschluss (zB ) erlässt oder den/die Richter, die im Rechtsmittelzug der verfassungswidrigen Maßnahme nicht abhelfen?

Ja neee, is' klar!

Linksextremisten werten die Verschärfung der Sicherheitsgesetze nach den Terroran­schlägen vom 11. September 2001 als eine neue Qualität „staatlicher Repression“. Sie nehmen auch die Sicherheitsmaßnahmen zur Fuß­ballweltmeisterschaft 2006 und zum bevorstehenden G8-Gipfel 2007
in Heiligendamm (vgl. Nr. 2) zum Anlass, den aus ihrer Sicht perma­nenten Ausbau des Überwachungsstaates und die repressive Wir­kung der dabei eingesetzten neuen Technologien anzuprangern, wie z. B. RFID-Chips, Gen-oder Biometrische Datenbanken, Kameraüberwachung öffentlicher Plätze.


Ein Zitat aus der Vorabfassung des Verfassungsschutzberichts 2006.

Linksextremist, weil mir die Überwachungspläne nicht gefallen und ich dagegen schreibe? Ich muß mal grade ganz laut Lachen.

Leider ist einer meiner besten Freunde grad nicht zu Hause, ich werde ihn nachher fragen, welchem politischen Spektrum er mich zuordnet und dann lese ich ihm obigen Absatz vor. Ich werde über seine Reaktion berichten..

Freitag, 18. Mai 2007

Linuxtag und Schirmherrschaft die zweite

Die Organisatoren des Linuxtages geben eine Stellungnahme zur Schirmherrschaft ab.

Ich finde die Stellungnahme nicht überzeugend.

Es wird angeführt, dass das BMI (und der jeweilige Innenminister) ein wichtiger Partner zur Verbreitung Freier Software sei. Das ist ohne jede Frage zutreffend, aber beantwortet nicht die Frage, warum das BMI die Schirmherrschaft übernehmen sollte, denn es gibt sicherlich weitere ähnlich wichtige Partner, denen die Schirmherrschaft nicht angetragen wurde.

Wir wurden zitiert und uns wurde vorgehalten, dass wir nicht politisch seien. Diesen Punkt möchten wir gerne präzisieren: Jeder von uns hat persönlich eine Meinung zu den Themen, die uns direkt berühren. Auch der LinuxTag hat eine klare politische Meinung zu Fragen, die Freie und Open-Source-Software angehen.


Es ist in meinen Augen ein sehr politisches Statement, jemandem die Schirmherrschaft anzutragen, insbesondere wenn diese Person und ihre Ideen im Moment höchst kontrovers diskutiert werden. Es könnte - ohne das den Organisatoren zu unterstellen oder unterstellen zu wollen - der Eindruck entstehen, dass die politischen Ziele des Schirmherrn gebilligt werden. Zwar mag es richtig sein, dass ein Teil der politischen Ziele gebilligt wird, nämlich die Verbreitung Freier Software in der öffentlichen Verwaltung, aber mir scheinen die politischen Ziele einer Person nicht nach dem Motto aufteilbar zu sein, dass das Gute ins Kröpfchen, das Schlechte ins Töpfchen kommt.

Ich hoffe wirklich sehr, dass die Veranstalter mit der implizit geäußerten Befürchtung "(...) möchten aber daran erinnern, dass durch ein Wegbleiben von der Veranstaltung am ehesten die vielen Freien Projekte getroffen werden, die unter Einsatz erheblicher Anstrengungen in ihrer Freizeit die Präsentation ihrer Ergebnisse vorbereitet haben." falsch liegen. Aber wenn sie nicht falsch liegen sollten, wird die Frage gestellt werden (müssen), aus welchem Grund die Leute weggeblieben sind.

Der - zweifellos angezeigte - Dialog mit den ohne Fragen wichtigen Leuten in der öffentlichen Verwaltung kann ohne weitere auch dann stattfinden, wenn jemand anders die Schirmherrschaft übernimmt.

Damit man mich bitte nicht mißversteht: ich finde freie Software prima und unterstütze auch (selbst aktiv) die Idee, die hinter dem System steckt.

Vorher in diesem Blog: Der Linuxtag und die Schirmherrschaft

20009 - Vielen Dank !

Am 8. April 2007 konnten wir 10378 Seitenaufrufe feiern, heute haben wir die 20.000 überschritten. Wieder einmal vielen Dank allen Besuchern für ihr Interesse und bleiben Sie dran! Wenn unsere Politik so weitermacht, werden uns die Themen wohl nicht so schnell ausgehen. Bleibt nur zu hoffen, dass W.i.b.a.S. nicht auch noch ein Blog-Verbot plant ...

"Was Du nicht willst, das man Dir tu'

das füg' auch keinem Anderen zu." Diesen Spruch dürfte ein jeder schonmal gehört haben. Ich kann mich erinnern, dass ich ihn das erste Mal von meiner Mutter gehört habe und ich denke, dass er einen wahren Kern hat.

Was das hier an dieser Stelle soll? Nunja, Merkel und Putin treffen sich. Merkel in Ihrer Funktion als EU-Ratspräsidentin. Sie schnitt dabei das Thema an, dass Sie mit Sorge beobachte, dass Regierungskritiker an Demostrationen gehindert werden.

Putins Reaktion (auch wenn ich ihn ansonsten überhaupt nicht mag) war nach meiner Überzeugung völlig richtig: Er hielt ihr vor, dass selbiges in Deutschland passiere und nannte dabei konkret die Razzien gegen G-8-Gegner.

Ich würde von Frau Merkel gerne den Unterschied zwischen Oppositionellen und G-8-Gegnern erklärt bekommen. Und wenn es da keinen gibt, dann möchte ich wissen, warum sie dann (taktisch höchst ungeschickt) ein Thema anschneidet, bei dem es einen so offensichtlichen und aktuellen Konter gibt.

Die Einschätzung von SpOn "Putin reagierte barsch." teile ich nicht. Ich würde es eher mit "Putin zeigte ihr die identische Situation in Deutschland auf." beschreiben.

Nachtrag: Den Artikel der SZ habe ich erst nach dem Schreiben meines Betrages via law blog entdeckt. Dort steht: "Putin konterte mit einem Verweis auf deutsche Praktiken." und das beschreibt es gut; dieser Konter stand zu erwarten.

Anwaltverein gegen Online-Durchsuchungen

ZDF heute.de berichtet:

„Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt die von der Bundesregierung geplante Verschärfung der Sicherheitsgesetze strikt ab. "Unsere Freiheit schwindet", mahnte DAV-Präsident Hartmut Kilger am Donnerstag auf dem Deutschen Anwaltstag in Mannheim. Die geplanten Vorratsdatenspeicherungen und heimliche Online-Durchsuchungen privater Computer griffen massiv in die vom Grundgesetz geschützten Bürger- und Freiheitsrechte ein.

Die Anwälte befürchten, dass mit der geplanten Speicherung von Fingerabdrücken und anderer Personenmerkmale die Bürger unter Generalverdacht gestellt werden. "Damit verabschieden wir uns von rechtsstaatlichen Grundsätzen", kritisierte Kilger. Der DAV wolle sich dafür einsetzen, dass es einen Freiheitsstaat und keinen Sicherheits- und Überwachungsstaat gebe. Bedenklich an den immer weitergehenden Vorschlägen zu Gesetzesverschärfungen im Rahmen der Terror-Abwehr sei vor allem die allmähliche Beweislastumkehr.

In einer Resolution forderte der DAV deshalb unter anderem die Berücksichtigung rechtsstaatlicher Garantien in weiteren Gesetzgebungsverfahren. So dürfe die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nicht hergestellt werden, indem man das Grundgesetz ändere. Außerdem seien Online-Durchsuchungen ohne Verdacht ein nicht hinnehmbarer Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Kilger kritisierte die Methode als "Staatshacking".

Der Anwaltverein sprach sich stattdessen dafür aus, dass künftig alle Bürger nach Abschluss der Ermittlungen über Eingriffe in ihre Persönlichkeitsrechte informiert werden sollten. Ein gesetzlich festgelegtes Kontrollsystem dieser Art könne einen zu lässigen Umgang mit erweiterten Befugnissen ausschließen.

Der Verband lehnt auch die geplante Erweiterung der Kronzeugenregelung ab. "Die Regelungen sind unpraktikabel und fördern das Denunziantentum", sagte Vizepräsident Georg Prasser. Mit dem Vorhaben werde die Wahrheitsfindung der Gerichte erheblich erschwert, denn sie stifte Zeugen mit "Strafrabatten" zur Falschaussage an. In Zukunft könnten weit mehr Absprachen in Hinterzimmern geschlossen werden als bisher."

Schön, dass endlich von kompetenter Stelle klar gegen die Pläne des Oberschnüffelministers Stellung bezogen wird (vgl. auch hier). Es steht allerdings zu befürchten, dass er sich auch hiervon in keiner Weise beeindrucken lassen wird.

Nachtrag:

Mehr dazu auch in der FTD, wo sich allerdings auch Komplimente für den Oberschnüffelminister finden:

Hartmut Kilger, Präsident des Deutschen Anwaltvereins: „Ich glaube, Herr Schäuble ist ein ausgezeichneter Jurist, wie auch der Vertrag zur deutschen Wiedervereinigung beweist."

Ulrich Scharf, Vizepräsident der Bundesrechtsanwaltskammer: „Schäuble ist ein nachdenklicher und kluger Mann, der nicht dafür bekannt ist, Dinge aus Marketinggesichtspunkten zu betreiben."

Diesbezüglich, sehr geehrter Herr Kollegen, erlauben Sie mir bei allem Respekt bitte, gänzlich anderer Meinung zu sein. Wenn diese Einschätzungen zuträfen, wäre uns W.i.b.a.S.’ Angriffswelle auf die Verfassung der letzten Wochen und Monate wohl erspart geblieben, es sei denn ...

Mittwoch, 16. Mai 2007

Überholt Beate Merk Schäuble rechts?

Heise online berichtet:

„Bayern plant Gesetz zur Online-Durchsuchung

Die bayerische Landesregierung plane einen Vorstoß bei der umstrittenen Online-Durchsuchung von privaten Computern, berichtet die Welt am Sonntag. Ein Gesetzentwurf, den die Bayern am 8. Juni im Bundesrat einbringen wollen, soll die Grundlage dazu schaffen. "Wir brauchen sehr schnell eine Rechtsgrundlage", sagte Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) der Welt am Sonntag. Bisher lägen weder von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) Entwürfe vor.

Merk will die geplanten Online-Durchsuchungen ähnlich behandeln, wie die Telefonüberwachung. Sie hält nichts von einer restriktiveren Regelung wie bei der Wohnraumüberwachung (Großer Lauschangriff): "Diese hohen Hürden würden beispielsweise verhindern, dass Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie effektiver bekämpft werden können." Die Ermittlungsbehörden könnten über Online-Durchsuchungen Täter lokalisieren und identifizieren."

Man beachte: Diese „hohen Hürden", die sich aus dem Grundgesetz ergebenden und nicht zuletzt vom BVerfG immer wieder angemahnten Grenzen staatlicher Schnüffelei „würden beispielsweise verhindern, dass Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie effektiver bekämpft werden können" - da ist sie also wieder, die zweite Allzweckwaffe neben den allgegenwärtigen bösen islamistischen (wieso eigentlich nur diesen?) Terroristen, die Kinderpornografie!

Ist ja eigentlich auch viel praktischer, weil anschaulicher als die amorphe Terrorismusangst: Kinder-por-no-gra-fie - diese unerträgliche Sauerei kann sich jeder vorstellen und nötigenfalls ausmalen. Selbstverständlich gehört so etwas mit aller Härte bekämpft, gar keine Frage! Und wer wird denn da so kleinlich sein und egoistisch seine Bürger- und Freiheitsrechte anmahnen, geht es doch schließlich um die Bekämpfung dieser widerwärtigen Sittenstrolche und den Schutz von Kindern vor diesen Subjekten, ... oooder ???

Dienstag, 15. Mai 2007

W.i.b.a.S.’ permanente Volksverdummung - entlarvend

Unser Oberschnüffelminister lässt wirklich keine Chance aus, gebetsmühlenartig seine Forderung nach schnellstmöglicher Legalisierung der Online-Schnüffelei zu wiederholen - und wieder und wieder zu demonstrieren, dass seine angebliche Begründung aus zusammengewürfelten Schlagworten besteht, die nur eines erkennen lässt: Absolute Inkompetenz, vgl. FAZ.net:

„Schäuble sagte bei der Vorstellung des neuen Verfassungsschutzberichts: „Die größte Bedrohung für die Stabilität und die Sicherheit in Deutschland geht weiterhin vom islamistischen Terrorismus aus." ... Mit besonderer Sorge beobachten die Behörden die Aktivitäten von Terroristen im Internet. „Das Internet bietet Terroristen ein gigantisches Forum, es ist Kommunikationsplattform, Werbeträger, Fernuniversität, Trainingscamp und think tank." Vor diesem Hintergrund forderte der Minister abermals die verfassungsrechtlich umstrittene Möglichkeit von Online-Durchsuchungen."

Diese schöne Aufzählung hätte er sich sparen können (hat er wirklich „think tank" *) gesagt?), „Kommunikationsplattform" wäre völlig ausreichend gewesen und umfasst alle anderen Begriffe. Und genau hier zeigt sich, dass der Mann nicht einmal ansatzweise weiß, wovon er tatsächlich spricht:

Prinzipiell ist ja noch nachvollziehbar, dass W.i.b.a.S. diese „Plattform" gerne beobachten möchte - nur praktisch ist genau das schlichtweg unmöglich, d.h. technisch bei Aufbietung aller denkbaren Mittel nicht einmal ansatzweise realisierbar: Das Internet ist eben nicht wirklich eine Plattform - und schon gar keine solche, die man von draußen irgendwie betrachten und/oder beobachten könnte - jedenfalls nicht in dem Sinne, dass man auch nur annähernd mitbekommt, was dort vor sich geht.

Erst recht funktioniert so etwas nicht mit sog. „Online-Durchsuchungen", bei denen bekanntlich einzelne PCs ausgespäht werden sollen. Welcher PC soll’s denn bitte sein, Herr Oberschnüffelminister? Abgesehen davon, dass die sicherlich äußerst zahlreichen PCs der bösen islamistischen Terroristen, die uns doch ach so sehr und immer mehr bedrohen, größtenteils ohnehin nicht in der BRD stehen dürften, so dass sich die Frage einer Legalisierung nach deutschen Recht ohnehin nicht wirklich stellt.

Wie lange will diese rollende Paranoia das Volk eigentlich noch für dumm verkaufen - und noch interessanter: Wie lange lässt das Volk sich derartigen Unsinn noch gefallen?

Selbst sein (früherer?) Bruder im Geiste, der SPD-Innenpolitiker Wiefelspütz, scheint eine Rest von Besonnenheit zurückerlangt zu haben und fordert, die Debatte bis zu der bevorstehenden verfassungsgerichtlichen Entscheidung über die Zulässigkeit derartiger Aktionen zurückzustellen (vgl. auch hier), nur Wolfgang-ich-bin-anständig-Schäuble ficht das alles nicht an. Unterträglich - unbelehrbar - untragbar!


*) inzwischen das Interview gehört, hat er tatsächlich gesagt, klang aber eher wie „ssinn tenn"

Verfassungsbeschwerden gegen KFZ-Scanning

Wie heise online berichtet, haben Datenschutzaktivisten gegen das in Schleswig-Holstein geplante Scannen von KFZ-Kennzeichen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. ... Datenschutzaktivist Patrick Breyer moniert, dass jeder Fahrer damit rechnen müsse, dass "Fahrverhalten erfasst und gespeichert wird". ... Die Datenschutzaktivisten berufen sich auf Zahlen aus Bayern, die zeigten, dass sich bei 99,97 Prozent der Betroffenen keinerlei Anhaltspunkte für eine Gefahr oder Straftat ergäben. Die Maßnahme habe "ihren Schwerpunkt im Bagatellbereich" und diene "nur dem Schutz von Eigentumsrechten und Vermögensinteressen".
...
Der Hessische Staatsgerichtshof hat laut Breyer für August einen Termin zur mündlichen Verhandlung über eine Klage gegen den dort in der Neufassung des Polizeigesetzes vorgesehenen verdachtslosen Abgleich von KFZ-Kennzeichen mit Fahndungsdateien anberaumt.

Bleibt zu hoffen, dass ähnliche Klagen alsbald auch in den anderen Bundesländern eingereicht werden, die diese Schnüffelei bereits gesetzlich vorgesehen haben oder selbiges planen, wie z.B. Rheinland-Pfalz, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland.

Montag, 14. Mai 2007

Die Schäublone zieht Kreise

Die Schäublone kam auch im Bremer Wahlkampf zum Einsatz:



Dass hierauf allerdings die 4,2 % Stimmenverlust der CDU bei der Bremer Wahl zurückzuführen sind, ist wahrscheinlich nur Wunschdenken, oder?

"Club der edlen Chipträger"

Einem Leser verdanken wir einen Programmtipp:

"Kontrovers und risikofreudig: Das ZDF wagt mit "Agenda 2020" den Blick in eine unheimliche Zukunft. Zum Auftakt spinnt die neue Doku-Fiction-Reihe die Debatte um den elektronischen Pass weiter - zu einem Paranoia-Schocker."

Die Filme der "Agenda 2020" - Reihe im ZDF:
Heute, 14.o5.2007, 0.10 Uhr: "Auf Nummer sicher?"
11. Mai, 0.00 Uhr: "Die Überflüssigen"
21. Mai, 0.00 Uhr: "TRUST. Wohltat"
5. Juni, 0.00 Uhr: "Teenage Express"
18. Juni, 0.00 Uhr: "Innere Werte"

Könnte nicht zuletzt für solche Mitbürger interessant sein, die immer noch meinen: „Alles doch nicht so schlimm".

Warum der Tote tot ist - oder Selbstmordattentäter sind selten Wiederholungstäter

Ein interessantes Interview mit dem Technischen Direktor (CTO) eines Internet Service Providers findet sich im Spreeblick:

Fazit: Vorratsdatenspeicherung führt zu kaum beherrschbaren Datenmengen, es fehlt ohnehin an qualifiziertem Ermittlungspersonal und Technik, um diese Daten auszuwerten und schließlich lässt sich mit der Vorratsdatenspeicherung gar nichts verhindern, sondern allenfalls nachträglich erklären.

Für Nicht-Paranoiker eigentlich leicht nachvollziehbar, oder ?

Die Juristen wehren sich - endlich !

Nachdem in letzter Zeit bedauerlicherweise gerade - teils sogar promovierte - Juristen durch absolute Kritiklosigkeit gegenüber den verfassungsrechtlich mehr als fragwürdigen Plänen unseres Oberschnüffelministers dumm aufgefallen sind, regt sich nun endlich Widerstand von offizieller Seite, wie SPON berichtet:

„Juristen werfen Schäuble Abkehr vom Rechtsstaat vor

Selten haben sich Juristen so deutlich in die Tagespolitik eingemischt. Deutsche Anwaltsverbände fordern die Große Koalition auf, den geplanten Sicherheitskatalog von Innenminister Schäuble zu stoppen. Sie sehen Deutschland auf dem Weg zum Präventivstaat. ...

Der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsanwaltskammer forderten die Große Koalition auf, die Pläne heute im Koalitionsausschuss zu stoppen. Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Hartmut Kilger, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die Sicherheitspolitik droht jedes Maß zu verlieren. Sollte Schäubles Katalog umgesetzt werden, verabschiedet sich Deutschland vom Freiheits- und Rechtsstaat zum Präventivstaat."

Es wurde auch Zeit!

Link gefunden in der Handakte.

Freitag, 11. Mai 2007

Schnüffeln per Dienstanweisung - Die kommentierte Chronologie eines Skandals

.. findet sich bei Kontraste.

Absolut lesenswert, auch das Fazit des Rechtsprofessors Peter-Alexis Albrecht:

„Das Schlimme ist, das der Politik die Achtung vor der Verfassung verloren gegangen ist. Wenn das Verfassungsgericht innerhalb der letzten Jahre 5 oder 6 Gesetze kippt, dann ist die Politik nicht demütig und sagt wir haben einen Fehler gemacht, sondern die Politik versucht die Gesetzeslage zu ändern und sie wieder absurden Optik der Welt anzupassen. Und das ist die verfassungsrechtliche Schweinerei, das ein Verfassungsgericht sagt, hier ist die Grundrechtsgrenze erreicht und die aktive Exekutive hat nichts anderes im Sinn, als die Gesetzeslage auf ihre Absurdität hin anzupassen. Das ist strafbarer Verfassungsmissbrauch. Das ist organisierte Kriminalität gegen die Verfassung."

Dem ist nur wenig hinzuzufügen!

W.i.b.a.S.’ Ermächtigungsgesetze - Chaos oder gezielte Desinformation ?

Die Journallie wird wohl nie begreifen, dass es keine „Sicherheitsgesetze" gibt und dieses schöne Schlagwort die tatsächlich geplanten erheblichen Eingriffe in die Grundrechte in unerträglicher Weise beschönigt und verschleiert.

Davon unabhängig, herrscht in der Koalition entweder Chaos, oder aber es wird bewusst und gezielt Desinformation betrieben, wenn in ein und der selben Zeitung widersprüchliche Nachrichen zum selben Thema erscheinen:

Schäuble: Koalition bei Sicherheitsgesetzen weitgehend einig:

„Berlin (Reuters) - Die Koalition kommt sich im Streit um die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble geplanten Sicherheitsgesetze offenbar näher.

Mittlerweile seien sich Union und SPD über wesentliche Punkte einig, sagte Schäuble der "Passauer Neuen Presse" von Freitag. Künftig würden Daten des Lkw-Mautsystems zur Aufklärung schwerer Verbrechen genutzt werden können. Dazu bedürfe es einer richterlichen Zustimmung. "Das ist unstreitig", sagte der CDU-Politiker."

SPD widerspricht Schäuble zu Sicherheitsgesetzen:

„Berlin (Reuters) - Die SPD hat Aussagen von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble widersprochen, wonach im Koalitionsstreit über die Verschärfung der Sicherheitsgesetze mittlerweile in wesentlichen Punkten Einigkeit herrsche.

"Herr Schäuble greift da ein wenig vor", sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. Weder für die Nutzung von Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung noch zur Ausweitung der Befugnisse des Bundeskriminalamtes (BKA) liege der SPD-Fraktion bisher ein Gesetzentwurf vor. Erst dann aber werde sich klären lasse, ob und in welchem Umfang es gemeinsame Positionen gebe."

So oder so - wohin die Fahrt geht, ist klar: Unser Oberschnüffelminister bombardiert die Öffentlichkeit nun seit Wochen in einer bisher nie dagewesenen Intensität mit immer neuen Horrorvorschlägen, Warnungen vor angeblich allen möglichen drohenden Gefahren und Maximalforderungen hinsichtlich immer neuer Eingriffe in die Rechte der Bürger. Die SPD ziert sich erst ein wenig, hält diese Vorschläge öffentlich erklärtermaßen für indiskutabel, will sie eigentlich offiziell auch gar nicht richtig kennen, dann erfahren, wozu die Maßnahmen gut sein sollen, dann prüfen ob und wie - und stimmt dann irgendwann einer leicht abgespeckten Variante von W.i.b.a.S. schöner neuen Welt zu - um dass dann natürlich als Sieg und Verhandlungserfolg zu verkaufen.

Ähnliches durften wir ja gerade erleben, wo Frau Zypries sich tatsächlich nicht entblödete, es als Sieg zu verkaufen, dass die Vorratsdatenspeicherung „nur" für ein halbes Jahr erfolgen soll - und nicht für zwei Jahre, wie es nach der EU-Vorgabe möglich gewesen wäre. Dass dieses schon aus rein technischen Gründen wegen der fast unendlichen Datenmenge gar nicht möglich ist, hat Frau Zypries natürlich dezent verschwiegen.

Unterbindungsgewahrsam ???

Zwar nicht direkt ein „Schnüffelthema", aber auch sehr beispielhaft für den heutigen Umgang der Obrigkeit mit ihren anscheinend chronich "generalverdächtigen" Bürgern:

Unser sicherheitsfanatischer Oberschnüffelminister weist G-8-Gegner freundlicherweise darauf hin, dass in den Polizeigesetzen der Länder der sog. „Unterbindungsgewahrsam" vorgesehen ist. Wer sich schon einmal über die Einzelheiten und die in seinem Bundesland geltenden Vorschriften informieren möchte, kann hier nachlesen.

Bezogen auf Heiligendamm als Austragungsort dieser zweifelhaften Veranstaltung gilt § 55 Abs. I Nr. 2 SOG M-V:

Wie einer Lektüre dieses Paragrafen zu entnehmen ist, kann man sehr schnell in Gewahrsam geraten, so z.B. wenn der Unterbindungsgewahrsam „unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat zu verhindern; die Annahme, dass eine Person eine solche Tat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, kann sich insbesondere darauf stützen, dass
a) sie die Begehung der Tat angekündigt oder dazu aufgefordert hat oder Transparente oder sonstige Gegenstände mit einer solchen Aufforderung mit sich führt; dies gilt auch für Flugblätter solchen Inhalts, soweit sie in einer Menge mitgeführt werden, die zur Verteilung geeignet ist."


Ein Sammelsurium von unbestimmten Rechtsbegriffen, im schlimmsten Fall kann es also reichen, ein paar „unpassende" Flugblätter bei sich zu führen, dann ist man zunächst einmal für maximal 47 Stunden und 59 Minuten von der Bildfläche verschwunden, falls die Ingewahrsamnahme nicht richterlich bestätigt wird. vgl. Abs. V:

„(5) Der Gewahrsam ist unverzüglich aufzuheben, sobald der Grund weggefallen oder der Zweck erreicht ist. Der Gewahrsam ist spätestens am Ende des Tages nach der Übernahme in den Gewahrsam aufzuheben, sofern nicht vorher die Fortdauer der Freiheitsentziehung gerichtlich angeordnet worden ist."

Es dürfte sich empfehlen, die Telefonnummer eines (örtlichen) Anwalts dabei zu haben.

Donnerstag, 10. Mai 2007

Irgendwer spinnt hier

An Einfältigkeit oder Dreistigkeit wohl kaum zu überbieten ist die bei heise online publizierte Äußerung des Herrn, der angeblich für die Online-Schnüffeleien der letzten Zeit verantwortlich ist:

„... hatte das Bundeskanzleramt bekannt gegeben, dass die umstrittenen Bespitzelungsmaßnahmen auf Basis einer Dienstvorschrift von Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) bereits durchgeführt würden. Zwischenzeitlich erklärte der frühere Innen- und jetzige Justizstaatssekretär Lutz Diwell, er habe die Anweisung unterzeichnet. Die gegenwärtig gestoppten Online-Durchsuchungen seien damit jedoch weder beabsichtigt noch bezweckt gewesen, beteuerte der SPD-Politiker."

Aha, es sind also Online-Schnüffeleien aufgrund einer Dienstanweisung durchgeführt wurden, mit der diese „weder beabsichtigt noch bezweckt" war. Machen die Herrschaften vom BKA also einfach, was sie wollen, war die Dienstanweisung tatsächlich so missverständlich formuliert oder will der Herr das Volk einfach einmal wieder für dumm verkaufen ???

Mittwoch, 9. Mai 2007

Der Linuxtag und die Schirmherrschaft

Ich habe grade bei Heise gelesen, dass der Linuxtag 2007 (30. Mai bis zum 2. Juni) unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble stattfinden wird. Das finde ich in höchstem Maße bedauerlich.

Bei Heise heißt es dazu allerdings: "Wie auf der Website der Tagungsorganisation betont wird, ist die Übernahme der Schirmherrschaft durch das Bundesinnenministerium eine Tradition, die vom Linuxtag seit fünf Jahren gepflegt wird. Eine politische Wertung sei mit der Schirmherrschaft nicht verbunden."

Selbstredend hat auch im Angesicht einer Tradition das neuerliche Andienen der Schirmherrschaft eine politische Wertung. Und diese politische Wertung halte ich für ein falsches Signal.

Wenn ich mir drei Sachen wünschen darf:

1. Ablehnen von WibaS' Schirmherrschaft durch die Organisatoren des Linuxtages und eine Begründung dieses Bruchs mit der Tradition mit den politischen von WibaS wiederholt aufgestellten schwerst erträglichen politischen Forderungen.
2. Wenn WibaS (oder einer seiner Mitarbeiter) auf dem Linux-Tag erscheint und eine Rede hält, wäre ein gellendes Pfeifkonzert mehr als angemessen.
3. Und zum Schluss: Ganz viele Teilnehmer mit Schäublonen-T-Shirts.

"Jeder hat etwas zu verbergen"

Ein lesenswertes Interview mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar über Sinn und Unsinn staatlicher Schnüffelwut und hierzu verbreiteter Gerüchte, Legenden und Halbwahrheiten findet sich bei Stern.de.

Dienstag, 8. Mai 2007

Brigitte Zypries kippt um! Vorhersehbar?

Schon die (leider zutreffende) Überschrift des Interviews, das unsere (?) Bundesjustizministerin heute bei Birgit Kolkmann vom Deutschlandradio abgeliefert hat, ist ein Skandal:

„Zypries verteidigt geplante Online-Durchsuchung"

Inhaltlich kann man das Interview nur als Rückzugsgefecht werten, B.Z. schwafelt mit viel BlaBla und Allgemeinplätzen am Thema vorbei. Eine leider zutreffende kurze Zusammenfassung:

„Bundesjustizministerin Brigitte Zypries sieht in der geplanten Online-Durchsuchung von Computern keine Gefahr für die freiheitliche Grundordnung. Es gehe nicht darum, den Menschen vollständig auszuspionieren, sagte die SPD-Politikerin. Für die Online-Durchsuchung müssten zunächst aber klare gesetzliche Grundlagen geschaffen werden."

Exemplarisch einige Beispiele:

Kolkmann: Die Diskussion ist ja im Moment relativ intensiv. Viele Bürger fragen sich, was eigentlich dann noch Privatsphäre bedeutet. Ist die Privatsphäre auf dem besten Weg dazu, alles andere zu sein als Privat?

Zypries: Wir müssen zweierlei unterscheiden. Zum einen müssen wir unterscheiden, wo kann der Staat eingreifen und weshalb. Da gibt es ganz klare Vorschriften aus der Verfassung und von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es muss immer ein Bedarf dafür da sein, und der Eingriff muss immer verhältnismäßig sein. Das Andere, was wir beobachten können und was ich auch für schwierig erachte, ist, dass bei vielen Menschen in Deutschland inzwischen das Bewusstsein über diese vielen Situationen, in denen sie private Daten hinterlassen, sich verändert hat. Also: Man geht ins Kaufhaus, man zahlt mit irgendwelchen PAYBACK-Karten, es wird überall in den Kaufhäusern registriert, wann man welche Sachen gekauft hat, man kauft über das Internet ein, man hinterlässt da seine Spuren und ähnliches mehr, man lässt sich Cookies setzen. Da gibt es eine Vielzahl, wo man mit elektronischen Hilfsmitteln heutzutage Spuren hinterlässt, und viele Menschen machen sich da, glaube ich, nicht hinreichend Gedanken darüber.

Kommentar: Im Prinzip hat B.Z. Recht, aber was hat der allzu sorglose Umgang der Bürger mit der geplanten staatlichen Schnüffelei zu tun?

Kolkmann: Ist da, weil viele das auch gar nicht mehr überblicken können, vor allen Dingen auch technisch nicht mehr verstehen können, möglicherweise schon so eine Haltung entstanden, die sagt, es ist sowieso alles Wurst, es ist eh alles klar, es ist eh alles offen, wir sind schon gläsern. Muss da zum Beispiel eine Bundesjustizministerin kommen, um den Bürger besser zu schützen, weil da so viele sind, die an die Privatsphäre heranwollen, inklusive der Bundesinnenminister.

Zypries: Es ist zum einen, wie gesagt, dieser staatliche Bereich. Aber wenn die Menschen von sich aus sagen, ich gebe meine Daten, mir macht das nichts, dann kann der Staat dagegen nichts tun. Das ist wenigstens unser Grundverständnis von einem Staat, in dem jeder seine allgemeine Handlungsfreiheit hat und sich so verhalten kann, wie er gerne möchte. Da kann man nur über Aufklärung was machen, das tun wir. Da können die Datenschutzbeauftragten was machen, die machen auch eine Menge, kontrollieren auch bei privaten Firmen jetzt zunehmend. Da gibt es auch ein gewachsenes Bewusstsein. Aber, noch mal, jeder Einzelne muss sich da immer klar darüber sein, was er tut.

Kommentar: Wieder nur BlaBla, selbstverständlich bleibt es jedem unbenommen, seine Daten freiwillig (!) preiszugeben.

Kolkmann: Sie sagten eben auch, es muss auch immer die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Was will man denn eigentlich erreichen mit bestimmten Vorschriften? Gesetzt den Fall, es kommt dazu, dass die Fingerabdrücke gespeichert werden bei den Kommunen, fängt man dadurch mehr Terroristen?

Zypries: Ich meine, man muss eben genau vorher definieren, kann ich mit einer solchen Speicherung der Fingerabdrücke tatsächlich bei der Bekämpfung des Terrorismus was bewirken, oder aus welchem anderen Grund will ich sie vielleicht speichern. Und da muss dann ganz klar gesagt werden, ja, das nützt was. Ich kann das jetzt nicht beurteilen. Ich würde mal ein Fragezeichen daran machen, weil es ja nur die Zeigefingerabdrücke sind, die für kriminalistische Studien dann echte Glückstreffer sein müssen. Aber das müssten dann die Sicherheitsbehörden da tun. Wichtig ist auf alle Fälle, es muss, zu welchem Behufe will ich das tun.

Kommentar: Gefragt war: „fängt man dadurch mehr Terroristen?" - Keine Antwort ist auch eine Antwort. Und das immer klar gesagt werden muss, was wozu gut sein soll, scheint in den letzen Tagen zum (nichtssagenden) Standardargument von B.Z. zu werden.

Kolkmann: Stichwort Online-Untersuchung: Da könnte man den Eindruck haben, wer seinen Computer zu Hause anschaltet und nicht über ganz besondere Firewalls verfügt, der macht quasi sein Wohnzimmerfenster ganz weit auf und die ganze Stadt kann hereingucken. Das, was der Bundesinnenminister will, darf noch nicht gemacht werden. Und im Augenblick werden Computerprogramme entwickelt, die es möglich machen sollen, Menschen tatsächlich richtig auszuspionieren. Ist das etwas, was unsere freiheitliche Grundordnung in den Grundfesten erschüttert?

Zypries: Nein, davon kann nun keine Rede sein, sondern es geht ja um die Frage, kann ich nicht den Menschen vollständig ausspionieren, sondern kann ich auf seine Festplatte gucken, welche rechtlichen Voraussetzungen brauche ich dafür und wie stelle ich sicher, dass ich nicht in seinen Kernbereich privater Lebensgestaltung komme. Denn das ist etwas, das das Bundesverfassungsgericht klar gestellt hat. Da ist drauf zu achten, darauf muss der Staat Rücksicht nehmen.

Kommentar: Unsinn, selbstverständlich wird durch die Online-Schnüffelei „unsere freiheitliche Grundordnung in den Grundfesten erschüttert", nämlich durch einen Eingriff von noch nie dagewesener Intensität, der wohl inzwischen relativ unbestritten nach unserer jetzigen Verfassung absolut unzulässig ist - also ohne Änderung des Grundgesetzes absolut illegal.
...
Kolkmann: Bedient sich der Staat denn im Prinzip in dieser Hinsicht auch illegaler oder krimineller Techniken?

Zypries: Nein, der Staat hat ja, wenn er es tut, eine Rechtsgrundlage dafür, auf Grund derer er in Rechte der Bürger eingreifen kann. Das ist die gesetzliche Ermächtigung. Deswegen bedarf es eben auch einer gesetzlichen Regelung. Der Innenminister hat ja das Vorgehen ohne eine gesetzliche Regelung erst mal gestoppt.

Kommentar: Man beachte den Widerspruch in sich: Der Staat hat eine Rechtsgrundlage, deswegen hat W.i.b.a.S. die schon praktizierten (!) illegalen Online-Schnüffeleien auch gestoppt.

Kolkmann: Sind Sie, was diese ganze Fragestellung angeht, ganz kontra zum Innenminister?

Zypries: Nein, das bin ich nicht. Ich habe immer gesagt, die Sicherheitsbehörden müssen dartun, aus welchen Gründen und wofür sie was brauchen. Und dann müssen wir sehen, ob wir, wenn wir das nachvollziehen können, Regelungen finden können, die verfassungskonform sind. Dann ist ja dagegen nichts zu sagen. Man kann nicht generell sagen, man braucht das nicht, sondern man muss es immer abwägen. Es stellt sich immer die Frage, was kann ich vielleicht verhindern, wenn ich diese Möglichkeiten habe.

Kommentar: Hier wird also der Rückzug eingeläutet. Genau jene Bundesjustizministerin, die wochenlang den Eindruck erweckt hat, ganz überwiegend gegen W.i.b.a.S.’ Schnüffelpläne zu sein, und immer wieder auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken hinwies, macht jetzt auf Einigkeit. Wieder das neue Standardargument „was - wofür - müssen wir besprechen", ansonsten nur lauwarmes Geschwätz. Kein Wort von Terrorismusgefahr (nicht einmal mehr das), kein Wort (mehr) von grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, am Ende aber eine rhetorische Frage von brutaler Bandbreite: „... was kann ich vielleicht verhindern, wenn ich diese Möglichkeiten habe". Und diese Möglichkeiten werden wir schaffen, koste es, was es wolle - oder wie ??

Wer also bisher noch die vage Hoffnung hatte, jedenfalls Frau Zypries würde noch versuchen, die rollende Paranoia zu stoppen, sieht sich jetzt endgültig nicht nur getäuscht, sondern eines Besseren belehrt!



Dank an Farlion, der sich auch schon mit dem Thema beschäftigt hat, für den Tipp.

P.S. Unter dem Datum vom o4.o4.2007 (erst oder schon ? 35 Tage her) war als offizielle Verlautbarung der SPD noch Folgendes zu lesen:

- Sicherheitspaket mit Rechtsstaat unvereinbar
- Pläne bedrohen Balance zwischen Innerer Sicherheit und Bürgerrechten
- Schäubles Vorschläge stellen keine Gesprächsgrundlage dar

Man darf gespannt sein, wann diese Seite sang- und klanglos verschwindet.

Freitag, 4. Mai 2007

Sammelwut und der Schutz personenbezogener Daten

Der Staat sammelt ja schon allerlei personenbezogene Daten und möchte davon noch viel viel mehr erheben, abgleichen und lauter "wunderschöne Dinge" damit machen.

Wie sieht es dabei eigentlich mit dem Schutz der personenbezogenen Daten aus? Werden die personenenbezogenen Daten an Dritte, womöglich sogar Private, weitergegeben?

Ich meine zu wissen, was WibaS und Konsorten sagen würden: Wir sind der Staat; Eure personenbezogenen Daten sind bei uns sicher aufgehoben.

Ein Gegenbeispiel aus der Praxis gefällig? Hier geht's weiter...

Donnerstag, 3. Mai 2007

Heute schnüffeln wir in Deutschland und morgen ...

Die Süddeutsche berichtet:

„Der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx hat erhebliche Vorbehalte gegen eines der wichtigsten Projekte von Innenminister Wolfgang Schäuble. Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sollen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizei erstmals gemeinsame europäische Datenschutzregeln entwickelt werden.

An dem Entwurf der Deutschen für einen entsprechenden Rahmenbeschluss übt Hustinx nun massive Kritik. Der Text lasse "Präzision" und "Klarheit" vermissen. Die Rechte betroffener Bürger würden nicht ausreichend gewahrt, sagte Hustinx am Mittwoch in Brüssel. Der EU-Datenschützer wird an diesem Freitag in Berlin mit Innenstaatssekretär Johann Hahlen zusammentreffen.

Schäuble hat den 26 weiteren EU-Staaten unter anderem eine zentrale Datenschutzbehörde zur Überwachung der Polizei vorgeschlagen. Sie soll alle bisherigen Aufsichtsgremien etwa bei Europol und Eurojust unter einem Dach vereinigen. "Wir sind auf einem guten Weg", freute sich Schäuble Ende April beim jüngsten Ratstreffen der europäischen Innen- und Justizminister. Damals waren von mehr als 200 anfänglichen Einwänden der anderen Mitgliedstaaten nur noch 60 übriggeblieben.

Für Hustinx jedoch fällt der deutsche Kompromissvorschlag sogar noch hinter die Standards der Datenschutz-Konvention des Europarats aus dem Jahr 1981 zurück."

Tolle Aussichten: „Eine zentrale Datenschutzbehörde zur Überwachung der Polizei" - Überwachung der Überwacher / Bespitzelung der Spitzel ? Europaweiter Zugriff auf Daten aller EU-Bürger - dagegen ist so ein bisschen Online-Schnüffelei doch geradezu lächerlich, oder ?

Schäuble - zynisch + unbelehrbar

heise online berichtet:

„Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat seine Forderungen nach schärferen Sicherheitsgesetzen und einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren erneuert. "Die terroristische Bedrohung ist hoch", sagte Schäuble am heutigen Donnerstag in Hamburg auf einer CDU-Veranstaltung zur Inneren Sicherheit. Deutschland sei ins Blickfeld der Terroristen geraten. Gleichzeitig warnte er auch mit Blick auf die jüngste Islam-Konferenz davor, Ausländer oder den Islam an sich als Gefahr wahrzunehmen.

Schäuble sagte: "Heute verabredet sich der internationale Terrorismus über das Internet." Dementsprechend müsse auf einer klaren verfassungsrechtlichen Grundlage reagiert und eine Online-Durchsuchung ermöglicht werden. "Die wichtigste Vorbeugung heißt zu wissen, was ist geplant", betonte der Minister. Der SPD warf Schäuble eine "scheinheilige Debatte" vor. Da werde der "Bock zum Gärtner" gemacht. Schließlich habe sein Vorgänger Otto Schily (SPD) jene Online-Untersuchungen genehmigt, die der Bundesgerichtshof im Februar mangels gesetzlicher Grundlagen der Polizei vorerst wieder untersagt hat.

Erneut forderte Schäuble auch eine Grundgesetzänderung für einen Bundeswehreinsatz im Inneren. Die Bundeswehr solle nicht Hilfspolizei sein. Gleichwohl müsse es aber möglich sein, dass Soldaten auch in Deutschland in bestimmten Fällen eingesetzt werden können. "Im Spannungsfall darf die Bundeswehr Objektschutz leisten. Sie macht es auch überall auf der Welt, nur nicht in Deutschland."

Dieser Unsinn wird nun wieder und wieder gebetsmühlenartig wiederholt. Neu ist allenfalls die Variante anlässlich der Deutschen Islamkonferenz einen sog. „deutsch-islamischen Dialog" zu betreiben und zu loben, davor zu warnen, „Ausländer oder den Islam an sich als Gefahr wahrzunehmen" und quasi im selben Atemzug wieder die wohlfeile Terrorismus-Keule auszupacken. Mit wem assoziiert der Normalbürger den „internationalen Terrorismus" wohl am ehesten, wenn nicht mit dem Islam? An Scheinheiligkeit kaum zu überbieten, oder?

Ansonsten bleibt nach wie vor die Frage, ob der Mann wirklich so wenig Ahnung von der Materie hat, wie er den Anschein erweckt. Wenn er wirklich effektiv „Terrorismus-Verabredungen" über das Internet aufdecken und entsprechende Planungen möglichst früh erfahren will, müsste er den gesamten Datenverkehr abhören, nicht aber auf den Festplatten einzelner Verdächtiger herumschnüffeln. Aber ich vergaß., Herr Oberschnüffelminister will ja auch Bombenbauanleitungen finden.

Zynisch auch die Idee, die Urheberschaft für diese uninnigen Ideen so ganz nebenbei seinem Amtsvorgänger in die Schuhe zu schieben, und der ist ja schließlich bei der SPD. Nur, dass diese den „Bock zum Gärtner macht", lässt sich nun wirklich nicht behaupten. Was den Schutz der Grundrechte der Bürger angeht, ist derzeit leider der Bock der Gärtner, Herr Oberschnüffelminister! Und dafür ist die SPD nun wirklich nicht verantwortlich.

Kleiner Lesetipp: Liga für Menschenrechte: „Ein Fall für den Verfassungsschutz - Sicherheitsrisiko Schäuble von Peter Kleinert

Datenspuren - Privatsphäre war gestern

In Dresden finden das Symposium "Datenspuren - Privatsphäre war gestern" statt. Die zweitägige Veranstaltung behandelt datenschutzrelevante Themen vom Informationsfreiheitsgesetz über Videoüberwachung im öffentlichen Raum bis hin zur Vorratsdatenspeicherung:

„In den letzten Jahren sind auf europäischer, Bundes- und Landesebene eine Reihe von Gesetzesvorhaben umgesetzt worden, die aus Datenschutzsicht nur als blanker Alptraum bezeichnet werden können. Der Großteil dieser Neuregelungen verfehlt allerdings das vorgegebene Ziel der Verbrechens- und Terrorbekämpfung, und höhlt stattdessen die Privatsphäre und das Recht der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung aus. ...

Dabei kommen Technologien, die personenbezogene Daten vollautomatisch erfassen, weiterverarbeiten und speichern, in einem nicht mehr zu kontrollierenden Umfang zum Einsatz. Jeder zieht eine Spur von Daten hinter sich her, egal ob er sein Handy einschaltet, Webseiten besucht, E-Mails schreibt, mit dem Flugzeug fliegt oder bargeldlos bezahlt. Die Verknüpfung all dieser Informationen gibt Behörden und Industrie die Möglichkeit, den gläsernen Menschen zu schaffen.

Der Chaos Computer Club Dresden (C3D2) veranstaltet aus diesem Grund auch im Jahr 2007 wieder das Symposium "Datenspuren - Privatsphäre war gestern". Sie sind herzlich eingeladen, die Kehrseite einer Medaille kennen zu lernen, die jeder von uns längst trägt und der wir uns nicht mehr entziehen können. Lernen Sie mehr über Überwachung und deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und erfahren Sie, was Sie konkret zur Wahrung Ihrer Rechte beitragen können.

Willkommen sind wie immer alle selbst denkenden Wesen. Der Eintritt ist frei."

Link gefunden im law blog des Kollegen Udo Vetter.

Mittwoch, 2. Mai 2007

Schäublone2


Na, dann stellen wird das Bild doch gleich einmal vor:

Neue Schäublone

Netzpolitik weist auf eine neue Schäublone hin. Sie stammt von Nico von Jackpotbaby.

Online-Schnüffelei aus technischen Gründen gestoppt?

Erst tut die Schnüffelgang so, als brauche man unbedingt die Online-Durchsuchung, als Begründung wird natürlich zunächst auf das Universalargument Terrorabwehr zurückgegriffen, aber auch Kinderpornografie wird immer gern genommen, weil sie ja so schön eklig + verwerflich ist, und Schwerinereinen (lt. Wiefelspütz) überhaupt und Bombenbastelanleitungen und dieses und jenes und solches, kaum eine Art von Kriminalität, die nicht schon als Begründung herhalten musste.

Allerdings wisse man noch nicht so genau, ob und wie das Ganze funktionieren soll, deshalb habe man flugs erhebliche finanzielle Mittel in den Haushaltsplan eingestellt und entsprechende Stellen für IT-Spezialisten geschaffen, die die notwendige Technik erstellen sollen. Das entsprechende Armutszeugnis stellte sich die Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP selbst aus.

Dann muss man jedoch zugeben, dass bereits seit ca. zwei Jahren derartige Schnüffeleien tatsächlich durchgeführt worden sind, wenn auch nur mit mäßigem Erfolg. Schon interessant - wir wissen zwar nicht, ob und wie es geht, aber gemacht haben wir es schon einmal, oder wie?

Als die Sache dann ruchbar wird, rudert unser Oberschnüffelminister flugs zurück, ja, genau der, der zunächst angeblich kaum verfassungsrechtliche Probleme sah und erst in den letzten Wochen peu a peu so langsam zugab, dass es ohne eine Verfassungsänderung - von ihm verharmlosend „Ergänzung" genannt - wohl nicht gehen wird.

Ob wirklich aus Einsicht nicht zuletzt in die Verfassungswidrigkeit derartiger Aktionen, mag angesichts eines Interviews des Deutschlandfunks mit dem Wissenschaftsjournalisten Peter Welchering bezweifelt werden. Demnach hatte der Stopp der Aktion wohl eher technische Gründe, weil man die Technik nicht beherrscht.
(Link gefunden im Farliblog)

Tatsache ist jedenfalls, dass W.i.b.a.S. & Co. die Öffentlichkeit mal wieder getäuscht haben, um nicht zu sagen belogen!