Das ist ja wohl der Gipfel der Frechheit: Wie WELT online berichtet, hat sich der Oberschnüffelminister „besorgt" über zunehmende Gefahren durch Computer-Kriminelle und Spionage im Internet geäußert:
„Angriffe von Computerviren, Trojanern und Spionagesoftware könnten in der zunehmend elektronisch vernetzten Gesellschaft in ihrer Wirkung bis zum Stillstand des gesamten gesellschaftlichen Lebens reichen", sagte der CDU-Politiker. ... Die Zahl der gemeldeten Angriffe habe sich von Januar 2004 bis Mai 2006 verhundertfacht. Angesichts dieser Entwicklungen und der Bedrohung zunehmend auch von nicht-staatlicher Seite müssten die Risiken neu bewertet werden.
...
Schäuble verteidigte erneut seinen Plan, im Kampf gegen den Terrorismus auch heimlich in vernetzte Computer von Verdächtigen einzudringen. Online-Durchsuchungen durch Polizei und Verfassungsschutz seien nötig, weil das Internet zunehmend auch zur Vorbereitung von Terroranschlägen genutzt werde und es deshalb in der realen Welt immer weniger Ermittlungsansätze gebe. "Die Behörden müssen dort ermitteln können, wo relevante Informationen liegen", sagte Schäuble. ... Er werde beim staatlichen Zugriff auf fremde Computer allerdings ebenso auf Sicherheit achten, betonte der Minister. Es müsse größte Sorgfalt darauf verwendet werden, dass die zur Online-Durchsuchung verwendete Software keine Sicherheitslücken produziere oder durch Dritte genutzt werden könnte."
Obwohl - im Ergebnis teile ich sogar seine Auffassung: „zunehmende Gefahren durch Computer-Kriminelle und Spionage im Internet" sind in der Tat ein ganz massives Problem, in erster Linie allerdings die hierdurch bewirkte Bedrohung zunehmend auch und gerade von staatlicher Seite.
Ansonsten ist es ja wohl schlicht unerträglich, einerseits vor diesen Gefahren zu warnen und andererseits genau das zu fordern, nämlich die Verpestung von Rechnern mit Spionagprogrammen - die zudem nach Ansicht vieler Fachleute selbst zu einem unkontrollierbaren Risiko werden kann, trotz er von W.i.b.a.S. geforderten „größten Sorgfalt".
Ansonsten zeigt sich wieder einmal, dass der Oberschnüffler von der realen Welt des Internets nicht die geringste Ahnung hat, wenn er tatsächlich glaubt, per Online-Durchsuchung die Kommunikation von Bösewichten kontrollieren zu können. Wesentlich wahrscheinlicher erscheint mir allerdings, das er das durchaus weiß, aber eben auf derartige Schlagworte setzt, weil sein Frontalangriff auf die Verfassung mit rationalen Argumenten eben nicht zu begründen ist.
Dienstag, 22. Mai 2007
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1 Kommentar:
Wenn in diesem Zusammenhang immer wieder vom gefährlichen "Staatstrojaner" die Rede ist, geht diese Gefahrenprognose m.E. am Problem vorbei.
Aus vielfältigen technischen Gründen ist nicht mit einem Trojaner zu rechnen, sondern mit einer Schnittstelle, die - wie bei der Telefonüberwachung - den Datenfluss außerhalb des "heimischen" PCs kontrollieren kann, Daten also umleiten kann. Heise Online hat darüber mehrfach berichtet.
Derartige Schnittstellen existieren bereits und wurden wohl auch bereits genutzt (Telekommunikationsgesetz i.V.m. der dazugehörigen SicherheitsvVO)...
Vor diesem Hintergrund argumentiert W.i.b.a.Schäuble in Parallelwelten, also aus seiner Sicht widerspruchsfrei, wenn er einerseits gegen Trojaner auf dem PC mit (wirtschafts-)kriminellem Hintergrund nach seinem Verständnis "zu Felde zieht" und andererseits seine angebliche Terrorspionage durch Online-Überwachung rechtfertigt.
Überwachung i.S.v. Online versteht er wörtlich:
Er will in die Leitungen eindringen, und dagegen helfen bekanntlich nur umständliche Verschlüsselungsstrategien, die richtige Terroristen allerdings beherrschen.
Was folgt daraus: Vorsorglich und fürsorglich verfolgt wird nur das eigene Volk in seiner Gesamtheit. Mit welchem Ziel eigentlich? Um Zufallsfunde bei untergeordneten Straftaten (unterhalb der Terroristenebene) zu ermöglichen?
Tolstoi hat Recht: "Freiheit stirbt mit Sicherheit"
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