Dienstag, 29. Mai 2007

Frau „die-Gesamtentwicklung-nicht-aufhalten-Harms"

Wann man liest, was die Generalbundesanwältin beim Bundesgerichtshof Monika Harms in einem SPON-Interview den Redakteuren zu Protokoll gab, könnte man schlicht resignieren:
(Link gefunden im law blog)

"Wir betreiben keine Willkür"
...
„SPIEGEL: Nach dem 11. September 2001 hat die Bundesregierung die schärfsten Sicherheitsgesetze aller Zeiten durchgesetzt. Nun will die Regierung noch einmal nachlegen und die Online-Durchsuchung, die Rasterfahndung, die Nutzung von Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung und eine neue Kronzeugenregelung einführen. Ist der Staat bei der Sicherheitspolitik ein gefräßiges Wesen, das unersättlich ist?

Harms: Vielleicht muss man noch besser vermitteln, warum dies diskutiert wird. Das ist doch kein Selbstzweck und kein Angriff auf die Bürger. Es geht im Gegenteil darum, die Bürger zu schützen. Wir versuchen gerade, Anschläge möglichst von unserer Gesellschaft fernzuhalten, und dafür müssen wir auf Augenhöhe mit denen bleiben, die unsere Freiheit bedrohen.

SPIEGEL: Die Frage ist, wann die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit aus dem Gleichgewicht gerät. Wollen wir beispielsweise wirklich, dass an einer Mautstelle jedes Auto fotografiert und potentiell erfasst wird, um damit im Zweifelsfall auch Verbrechen zu bekämpfen?

Harms: Wir werden doch schon jetzt überall erfasst: mit der Kreditkarte oder der Versicherungsnummer, etwa beim Arzt. Wir sind auf dem Weg zum gläsernen Menschen. Demnächst erhalten wir vom Finanzamt eine persönliche Identifikationsnummer, mit der wir überall identifiziert werden können. Ich finde das auch nicht schön, aber wir leben in einer Welt, in der Technik so viele Erfassungsmöglichkeiten hat, dass prinzipiell fast alles über jeden nachvollziehbar ist.

SPIEGEL: Damit plädieren Sie doch selbst dafür, nicht alles technisch Machbare umzusetzen, sondern politisch zu diskutieren, was gewollt ist.

Harms: Sie haben Recht. Ob wir die Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung nutzen wollen, ist vor allem eine politische Frage, die auch politisch entschieden werden muss. Sie werden die Gesamtentwicklung nicht aufhalten. Im Übrigen sollen die genannten Ermittlungsmethoden ja nicht flächendeckend für alle Straftaten und alle Behörden erlaubt werden. Aber ich halte es für vertretbar, sie bei der Aufklärung schwerster Straftaten zu nutzen."

Nach Wolfgang-ich-bin-anständig-Schäuble kommt jetzt also die „die-Gesamtentwicklung-nicht-aufhalten-Harms". „Wir sind auf dem Weg zum gläsernen Menschen." - zwar nicht „schön", aber auch nicht schlimm, oder wie - und insbesondere nicht mehr aufzuhalten? Höchste Zeit, dass die Bürger ihren „anständigen" Oberschnüffelminister, ihre zu diesem Thema militant schweigende Kanzlerin und auch die blauäugig kritiklose Generalbundesanwältin eines Besseren belehren!

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das mit dem die Maßnahmen besser vermitteln klingt ein bischen wie "ein Wahrheits-/Propaganda-/Informationsministerium" einrichten...

Anonym hat gesagt…

Beängstigend ist die Vielzahl hoher Würdenträger im Staatsdienst, die sich - unter dem Deckmäntelchen der Terrorismusbekämpfung - möglicherweise in erster Linie ihrer Karriere verpflichtet fühlen und Teil eines sich selbst tragenden Sicherheitsdenkens werden, als Bürgerinteressen zu dienen.

Inzwischen wird auch der gesetzliche Richtervorbehalt bei strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen im Bereich der Telekommunikationsüberwachung ad absurdum geführt, wenn erst das Bundesverfassungsgericht (nach zustimmendem Amtsgericht und Landgericht) die Rechtswidrigkeit der Mobiltelefon-Überwachung eines Strafverteidigers nachträglich festzustellen in der Lage ist.

So jüngst in einer einschlägigen Presseveröffentlichung des BVerfG nachzulesen.

Anonym hat gesagt…

Yo als ich das gelesen habe, dachte ich auch, ich krieg zuviel... Wieso die Frau sowas ungestraft sagen darf, entzieht sich mir. Wahrscheinlich weil ihr außer Sicherheitsfanatikern und ein paar Verrückten wie uns sowieso niemand zuhört... Das muss man ändern; man muss den Leuten endlich klar machen, dass das, was die Regierung so von sich gibt, auch sie etwas angeht und auch ihnen letzten Endes schaden wird.
Ich habe zu dem Thema auch in meinem eigenen Blog was verewigt und würde mich freuen, wenn der eine oder andere mal vorbeischaut. Ich hoffe, das gilt jetzt nicht als schamlose Werbung, aber die meisten Einträge befassen sich mit einer ähnlichen Thematik wie hier und daher passt es doch irgendwie ;-)