Mittwoch, 28. Februar 2007

Filmstadt Berlin

Wie heise online - passend zur Berlinale ;-) - berichtet, soll die Videoüberwachung in Berlin deutlich erweitert werden:

„Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen an U-Bahnhöfen, in Bussen und Straßenbahnen flächendeckend Kameras installieren, noch bevor ein vom Abgeordnetenhaus nach längeren Auseinandersetzungen genehmigtes Pilotprojekt ausgewertet worden ist. Den Planungen der BVG zufolge sollen bis Ende des Jahres alle 170 Haltestellen für die U-Bahn für eine 24-stündige Videoüberwachung ausgerüstet werden. ...

Das Vorhaben stößt bei Datenschützern und im Berliner Parlament aber auch auf Proteste. "Nicht jeder Fahrgast ist ein potenzieller Straftäter", hält der Datenschutz-Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus der BVG entgegen. Der Verkehrsbetrieb dürfe keine Tatsachen schaffen, bevor das noch bis Ende März laufende Pilotprojekt ausgewertet und parlamentarisch beraten worden sei. Die Ergebnisse müssten zeigen, dass es ein konkretes Bedürfnis für die Aufzeichnung gebe. Schließlich handele es sich bei U-Bahnhöfen um öffentliche Räume. Videoüberwachung allein schaffe auch keine Sicherheit, wenn im gleichem Zug das Service- und Sicherheitspersonal auf den Bahnhöfen abgebaut werde.

... Aus dem Büro des Berliner Datenschutzbeauftragten war bislang nur zu vernehmen, dass der BVG-Beschluss "absprachewidrig" und das Unternehmen für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften verantwortlich sei. ...

Auch schön, erst einmal wird alles und jede(r) gefilmt und dann vertraut man auf die „Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften". Dass ein solches Vertrauen nicht unbedingt berechtigt ist, hat doch gerade erst die „mikado-Aktion" gezeigt, oder ?

Ab morgen kommt der Datenpool ...

heise online berichtet:

„Umstrittene Datenbank-Fahndung läuft an

Am morgigen Donnerstag startet peu a peu die Benutzung der Anti-Terror-Datei, die umfassendste Datensammlung der Bundesrepublik Deutschland. Sie wird nach dem "Gemeinsame-Dateien-Gesetz" errichtet, das Bund und Länder im Dezember 2006 verabschiedet hatten.

Ziel der Datensammlung ist die Aufdeckung von Mustern und Strukturen des islamistischen Terrorismus im Sinne einer Vorfelderkennung möglicher Gefährder und geplanter Attentate. Bis Ende März sollen insgesamt 38 Behörden im "Produktionsbetrieb" zugeschaltet werden. Zugriffsberechtigt sind das BKA, der Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst, der Bundesnachrichtendienst, das Zollkriminalamt, sowie die Landesämter für Verfassungsschutz und die Landeskriminalämter. All diese Behörden stellen umgekehrt Dateien bereit, die in das System eingespeist werden."

Weitere Informationen hierzu bei c’t. Beachtlich oder auch erschreckend ist schon die dortige Liste der Anti-Terror-Datei zusammengeführte Datenbanken sowie die nur theoretische Sicherheit des Systems:

Der Zugriff auf die beim BKA errichtete Anti-Terror-Datei soll über ein mehrstufiges Sicherheitssystem erfolgen. „Kritiker der Anti-Terror-Datei weisen darauf hin, dass die abgestufte Technik der verdeckten Speicherung eine Ausnahmeregelung kennt: Wenn die Gefahr im Verzuge und Eile geboten ist, können die Daten für den direkten Zugriff durch alle Berechtigten freigeschaltet werden. In solchen Fällen können Datenschutzbeauftragte nachträglich die Verhältnismäßigkeit der Aktion prüfen, bei der die Trennung zwischen Polizei- und Geheimdaten kurzfristig ausgesetzt wurde."

Es freut einen ja auch immer wieder ungemein, nachträglich bestätigt zu erhalten, dass man rechtswidrig behördlichen Zugriffen ausgesetzt war, vgl. jüngst das sog. „Cicero-Urteil" des BVerfG ...

... und „Trennung zwischen Polizei- und Geheimdaten kurzfristig ausgesetzt" - glaubt das jemand wirklich ?

Dienstag, 27. Februar 2007

Der Bundestrojaner durchdekliniert

Kristian Köhntopp macht sich Gedanken um den "Bundestrojaner". Aus Sicht des Technikers.

Das ist hochgradig Lesenswert!

Montag, 26. Februar 2007

Online-Durchsuchungen gegen „Terroristen und andere Kriminelle"?

In einem Artikel der ZEIT zum Amtsantritt Jörg Zierckes als BKA-Chef im Jahre 2004 (Überschrift: "Der Terroristenjäger") fand sich u.a. Folgendes:

„Eine weitere Rasterfahndung wie die nach dem 11. September, sagt Ziercke, wäre insoweit hilfreich. „Das kann ich mir, je nach Lage, sehr gut vorstellen." Nicht wirklich glücklich ist Ziercke auch über den Umstand, dass sein BKA erst nach Vorliegen eines Anfangsverdachts ermitteln darf. „Man kann die Frage aufwerfen", formuliert er diplomatisch, „ob die gegenwärtigen Befugnisse des BKA nicht erweitert werden sollten." Hin also zur umstrittenen Vorfeldaufklärung, mithin zur Schnüffelei? Ziercke will nicht konkreter werden, noch nicht jedenfalls."

Diese Zurückhaltung hat er ja zwischenzeitlich aufgegeben, wie auch SPON wieder zu entnehmen war:

„Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, will heimliche Online-Durchsuchungen von Computern sowohl im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, als auch für herausragende Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität. Darin sei er sich mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble einig, sagte Ziercke im Interview mit dem SPIEGEL. Für Terroristen und andere Kriminelle sei das Internet das maßgebliche Medium geworden. Sie bewahrten heute bereits ihre Daten auf passwortgeschützten Speichern irgendwo in der virtuellen Welt auf. Die Kryptierungstechnik mache es den Ermittlern zudem nahezu unmöglich, solche Daten, etwa von einer Festplatte, zu entschlüsseln. "Wir müssen also vor der Ver- oder nach der Entschlüsselung ansetzen, und das geht nur online", sagte Ziercke. Um dabei den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zum besonderen Schutz des Privatbereichs gerecht zu werden, könnte etwa gezielt mit Hilfe von Schlüsselbegriffen gefahndet werden. Auch wenn das BKA derzeit keine Hinweise auf Anschläge habe, bestehe angesichts von 220 aktuellen Ermittlungsverfahren mit islamistischem Hintergrund in Deutschland nach wie vor eine Gefahr. Im Bereich der Organisierten Kriminalität gebe es zudem Erkenntnisse, dass Täter wie Angestellte im Lohnbetrieb Angriffe im Netz betrieben, um etwa an Kontendaten von Bankkunden heranzukommen, die dann für kriminelle Zwecke missbraucht würden."

Erst wurde die Online-Durchsuchung mit der angeblich allgegenwärtigen Terrorismusgefahr begründet, jetzt ist schon von „Terroristen und anderen Kriminellen" die Rede. Man kann sich vorstellen, was der Mann wirklich will.

  • "Wir müssen also vor der Ver- oder nach der Entschlüsselung ansetzen, und das geht nur online"

  • "Um dabei den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts zum besonderen Schutz des Privatbereichs gerecht zu werden, könnte etwa gezielt mit Hilfe von Schlüsselbegriffen gefahndet werden."


Habe nur ich den Eindruck, dass der Mann nicht wirklich versteht, wovon er redet?

Falsche Reihenfolge?

Der Vizepräsident der Europäischen Kommission Franco Frattini befürwortet nach einer Meldung bei Heise eine Regelung zur Online-Durchsuchung. Da ich den Namen bislang noch nicht gehört habe, habe ich mich auf die Suche nach ein paar Infos über ihn gemacht.

Auf einer Webseite, wo er über seine Arbeit berichtet, findet sich Folgendes:

Auf dieser Website erhalten Sie Informationen über meinen wichtigsten Prioritäten:

* Grundrechte und Staatsbürgerschaft
* Kampf gegen Terrorismus und organisiertes Verbrechen
* Einwanderung und Asyl, Visum- und Grenzfragen
* Engere Zusammenarbeit zwischen Polizei-, Justiz- und Zollbehörden
* Gewährleistung des gleichen Zugangs zur Justiz für alle EU-Bürger
* Die Rechte des Kindes


Mir deucht, dass da die Reihenfolge der Prioritäten etwas durcheinandergekommen ist, denn ich habe von Frattini noch keine Initiative gehört, wie die Grundrechte der Bürger in der EU künftig besser geschützt werden sollen.

Webseite des Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Franco Frattini
Inspiriert von Heise

Wesentlicher Volltext der Verfassungsbeschwerde gegen das Verfassungsschutzgesetz NRW

Twister hat angekündigt, dass sie gegen das Verfassungsschutzgesetz NRW, das eine gesetzliche Grundlage für Online-Durchsuchungen schafft, Verfassungsbeschwerde einlegen wird.

Sie hat ihr Einverständnis erteilt, dass der Text ihrer Verfassungsbeschwerde (bis auf den sie persönlich betreffenden Teil der Zulässigkeit) veröffentlicht wird: Telepolis

Ist Schweigen anständig?

Der in dem vielbeachteten und -zitierten taz-Interview unseres Oberschnüffelministers von diesem geprägte Satz: "Außerdem bin ich anständig, mir muss das BKA keine Trojaner schicken" hat schon absoluten Kultstatus.

Er hat den Kollegen Udo Vetter vor mehr als zwei Wochen zu einigen m.E. durchaus berechtigten Nachfragen an das Ministerium veranlasst.

Eine Rückantwort hielt man dort bisher offensichtlich nicht für erforderlich. Fehlender Anstand oder verzweifelte Suche nach einigermaßen plausiblen Antworten?

Samstag, 24. Februar 2007

ELSTER - connecting to Schäuble & Co.?

Denny Carl, Chefredakteur von Webdesign-Secrets, beschäftigte sich mit den ziemlich kompetenzfreien Äußerungen der Herr Schäuble, Ziercke und Beckstein zur Technik der „Online-Durchsuchung". Sein Editorial endete mit zwei Fragen:

  1. Geht die wahre Bedrohung für dieses Land nicht am ehesten von einem Innenminister aus, der apathisch jeder fixen Idee folgt, die irgendwie mit Terrorismusbekämpfung zu tun hat?

  2. Was verschickt eigentlich ELSTER noch, wenn ich dem Finanzamt meine Steuern erkläre?


Gerade die letzte Frage finde ich in der Tat sehr interessant. ...

(Aber wahrscheinlich geben die 0,1 % der Bevölkerung, die Schäuble & Co.angeblich im Visier haben, auch keine Steuererklärungen ab)

Freitag, 23. Februar 2007

Ein Polizeichef spricht (erfreulichen) Klartext

Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch wurde von SpOn interviewt. Allerdings zum Themenbereich junger gewalttätiger Migranten.

Allerdings findet sich ein in meinen Augen hochinteressante Aussage, um deren Verallgemeinerung man sich Gedanken wird machen können:

SPIEGEL ONLINE: Wäre eine weitgehende Videoüberwachung wie in Großbritannien ein gangbarer Weg für Berlin, um deutlich zu machen: Ihr seid hier unter Beobachtung?

Glietsch: Ich glaube nicht - und ich denke auch sonst niemand, der in Deutschland Verantwortung für Sicherheit hat -, dass eine flächendeckende Überwachung der Königsweg ist, um langfristig wirksam Gewaltkriminalität zu bekämpfen. Es genügt nicht, nur auf die Angst vor der Entdeckung zu setzen. Es kommt vor allem darauf an, Einstellungen zu prägen beziehungsweise Entstehungsbedingungen zu ändern. Im Übrigen ist meines Erachtens bisher nicht belegt, dass in Großbritannien die Gewaltkriminalität insgesamt erfolgreicher bekämpft wird. Wenn es um die Überwachung überschaubarer Räume mit besonders hoher Kriminalitätsbelastung geht, können wir allerdings in Pilotprojekten beobachten, dass es gelingt, Straftäter zu verdrängen.


Zurückhaltende Worte zur flächendeckenden Überwachung aus dem Mund eines Polizeipräsidenten? Bitte mehr davon!

Via SpOn

Donnerstag, 22. Februar 2007

Paneuropäische Schnüffelwut

Nach einer Meldung der International Herald Tribune bereiten europäische Regierungen Gesetze vor, die über EU-Richtlinien hinausgehen und die Provider zwingen sollen, ausführliche Daten über Internet- und Telefonnutzung der Bürger zu sammeln:

So soll z.B. in Deutschland nach einem Vorschlag des Justizministeriums verboten werden, falsche Angaben zu verwenden, um ein e-mail Konto einzurichten und so die Standardmethode, einen völlig anonymen Pseudonym-Account einzurichten, illegal werden.

Ein Entwurfgesetz in den Niederlanden soll vorsehen, Telefonfirmen zu verpflichten, u.a. auch aufzuzeichnen, wo genau sich jemand während eines Gespräches mit einem Mobiltelefon aufhält. (!)

Tja, weshalb sollte der Schnüffelwahnsinn auch ein ausschließlich deutsches Problem sein? Die Paranoia ist offensichtlich ansteckend und verbreitet sich eben auch europaweit.

Schnüffeln mit Einverständnis?

Auch eine bedenkliche Variante der Schnüffelei: Eine neue Methode, an der Legalität vorbei Wohnungen zu durchsuchen, von der der Kollege Vetter in seinem law blog berichtet:

„Ein Polizeibeamter hatte einen Tatverdacht. Oder sagen wir: so ein Bauchgefühl. Mein Mandant wird es schon gewesen sein. Gefahr im Verzuge war offensichtlich nicht gegeben. Deswegen rief der Polizeibeamte einen Staatsanwalt an und regte an, beim Ermittlungsrichter einen Durchsuchungsbeschluss zu besorgen.

Der Staatsanwalt hörte sich die Geschichte an und bezweifelte, dass der Richter den Beschluss erlässt. Stattdessen hatte er eine blendende Idee: Die Beamten sollten doch einfach den Beschuldigten aufsuchen und schauen, ob er mit einer Durchsuchung "einverstanden" ist. Das geschah dann. Die Beamten haben es tatsächlich hinbekommen, dass mein Mandant ein entsprechendes Formular unterschreibt. (Und die Einwilligung zur DNA-Probe gleich mit.) Sie durchsuchten die Wohnung. Erfolglos, übrigens.

Das ist, wenn auch in Variationen, kein Einzelfall. Die vom Beschuldigten "genehmigte" Durchsuchung wird langsam zum Regelfall. Sie ist die Reaktion der Ermittlungsbehörden auf Urteile des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts. Diese Gerichte haben in den letzten Jahren mehrfach klargestellt, dass "Gefahr im Verzuge" keine Floskel ist, sondern tatsächlich gegeben sein muss. Die tatsächlichen Umstände müssen außerdem vor der Durchsuchung schriftlich in der Akte festgehalten werden. Das heißt, die Maßnahme kann nicht einfach nachträglich durch gefundene Beweismittel gerechtfertigt werden.
...
Das Ganze ist eine fragwürdige Masche, um den ungeliebten Richtervorbehalt zu umgehen. Wer allerdings unterschrieben hat, muss damit rechnen, dass das Durchsuchungsergebnis auch in vollem Umfang verwertet wird. Das schriftliche Einverständnis kriegt man nur selten kaputt. Denn, welche Überraschung, selbstverständlich sind die zitierten Sätze nie gefallen. Selbstverständlich hat man den Beschuldigten eingehend informiert, dass er nicht zustimmen muss. Er hat dennoch, häufig geradezu begeistert über die Gelegenheit, seine Unschuld zu beweisen, die Polizisten hereingebeten."

Wenn's denn der Wahrheitsfindung dient ...

Mittwoch, 21. Februar 2007

Das nächste Ermächtigungsgesetz droht

Ein Kommentator zum Artikel „Brandenburgisches Ermächtigungsgesetz" hatte bereits angemerkt, dass in Schleswig-Holstein ähnlich Schlimmes drohen soll. Tatsächlich meldet auch heise online u.a. Folgendes:

„Kritiker bezeichnen Schleswig-Holsteins neues Polizeigesetz als verfassungswidrig

Der schleswig-holsteinische Landtag will am morgigen Donnerstag im Rahmen der Abstimmung über einen Entwurf der Landesregierung für die Novelle des Polizeigesetzes neue Befugnisse für Ermittler etwa zum Kennzeichen-Scanning oder bei der Telekommunikationsüberwachung mit der Mehrheit der schwarz-roten Koalition absegnen. Damit sollen den Strafverfolgern auch weit ins Vorfeld gehende präventive Befugnisse zur Gefahrenabwehr gewährt werden. Von der Opposition und Rechtsexperten hagelt es Proteste. Nach Ansicht von Kritikern verstößt der Gesetzesentwurf auch nach Abschwächungen durch das federführende Landesinnenministerium teilweise gegen die Verfassung.
...
Die Polizei erhält mit dem neuen Gesetz deutlich erweiterte Eingriffsmöglichkeiten. So soll sie zukünftig befugt sein, Telefongespräche und Verbindungsdaten aus dem Internetverkehr vorbeugend zu überwachen. Ist Gefahr im Verzug, genügt dafür nach dem Entwurf schon eine polizeiliche Anordnung, die gemäß den erfolgten Korrekturen aber "unverzüglich" durch einen Richter bestätigt werden muss. Neu geregelt wird auch die anlassunabhängige Kontrolle von Personen und Fahrzeugen im Rahmen der "Schleierfahndung". Polizisten sollen demnach bei einer besonderen Gefahrenlage auch ohne bestimmten Verdacht etwa den Kofferraum eines Autos "in Augenschein nehmen" dürfen. Weitere Punkte des Vorhabens sind die Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten sowie das Nummernschild-Scanning. Dabei sollen die Kennzeichen wie bei einer Rasterfahndung durch ein automatisches Lesegerät erfasst und mit Polizeidateien abgeglichen werden."

Im Klartext: Spionage und Schnüffelei auf breiter Front gegen Jedermann soll legalisiert werden. Z.B. gezieltes Nummernschild-Scanning, ergänzt durch Mautbrücken-Fotos - und fertig ist das Bewegungsprofil. Schlimmer noch, „vorbeugende (!) Überwachung von Telefongesprächen und Internet-Verbindungsdaten (wobei es wohl kaum bei der Erhebung reiner Verbindungsdaten bleiben, sondern auch deren Inhalt gespeichert werden wird, immer schön nach dem Vorbild der geplanten unsäglichen Vorratsdatenspeicherung).

Was muss noch passieren, damit die Bürger endlich aufwachen ???

Schäuble / Ziercke / Beckstein - wissen zwar nicht genau, was sie wollen, aber das mit aller Macht?

Telepolis analysiert Aussagen der Schnüffelfans zur „Online-Durchsuchung". Fazit: Wie das gehen soll, wissen wir auch nicht so genau, aber es muss sein und wird funktionieren. Ah ja!

Dienstag, 20. Februar 2007

Brandenburgisches Ermächtigungsgesetz

Nicht mehr ganz neu, aber dennoch erschreckend ist folgende Meldung bei heise online vom 15.12.2006:

„Brandenburg erhält deutlich verschärftes Polizeigesetz

Der Brandenburger Landtag hat mit den Stimmen der schwarz-roten Regierungskoalition am gestrigen Donnerstag eine heftig umstrittene Novelle des Polizeigesetzes verabschiedet. Sie gibt Ermittlern zahlreiche neue Befugnisse in die Hand. So dürfen die Gesetzeshüter in der Mark künftig den großen Lauschangriff in Form der akustischen Wohnraumüberwachung präventiv und bei "Gefahr im Verzug" ohne richterliche Genehmigung durchführen. Auch sonst genügt hier der Segen eines einzigen Amtsrichters, während bislang die Erlaubnis von mehreren Landesrichtern erforderlich war. Ohne richterliche Genehmigung darf die Polizei ferner künftig Handys zur "Gefahrenabwehr" mit dem IMSI-Catcher orten." ..."

... „großer Lauschangriff in Form der akustischen Wohnraumüberwachung präventiv und bei "Gefahr im Verzug" ohne richterliche Genehmigung" ... Herrn Schäuble und Konsorten wird das begeistern, ansonsten bleibt nur zu hoffen, dass dieses Ermächtigungsgesetz baldmöglichst verfassungsgerichtlicher Kontrolle unterzogen wird!

Montag, 19. Februar 2007

Die staatrechtliche Sicht der Dinge zu Online-Durchsuchungen?

Das hört sich spannend an, aber gibt es dazu schon etwas genaueres?

Aber ich habe etwas gefunden: Privatdozent (PD) Dr. iur. Johannes Rux: "Nimmt man das BVerfG und seine Rechtsprechung über den unantastbaren Kernbereich der privaten Lebensführung ernst, müssen die entsprechenden Befugnisnormen daher entsprechend ausgestaltet werden. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtes ist es Aufgabe des Gesetzgebers, durch eine Ausgestaltung des Verfahrens sicher zu stellen, dass dieser Kernbereich dem Zugriff des Staates nach Möglichkeit entzogen bleibt.

Genaueres versuche ich im Moment noch zu Papier zu bringen - und hoffe sehr darauf, dass es bald das Licht der Öffentlichkeit erblicken wird."

Ich bin in allerhöchstem Maße gespannt auf seine Überlegungen. Ich werde hier ein Update posten, wenn sich in dem Staatsrecht-Blog eine Meldung in dieser Hinsicht findet (den RSS-Feed habe ich grade abonniert).

Beckstein: "Zypries darf nicht tatenlos vor Internetkriminalität kapitulieren"

Das Bayerisches Staatsministerium des Innern veröffentlicht eine Pressemeldung:

"Bayerns Innenminister Dr. Günther Beckstein hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries vorgeworfen, die sicherheitspolitische Bedeutung von Online-Durchsuchungen zur Kriminalitätsbekämpfung nicht genügend zu berücksichtigen: "Das Internet ist längst zum Tummelplatz für Kriminelle und Terroristen geworden. Über Computer verbreiten islamistische Extremisten ihre Propaganda, werden Terroranschläge und Amokläufe angedroht und detaillierte Bombenbauanleitungen versandt. Das Netz ist zum wohl häufigst genutzten Verbreitungsmedium krimineller kinderpornographischer Darstellungen geworden. Wenn sich Zypries angesichts dieser Entwicklung und gegen den Rat aus der polizeilichen Praxis weigert, den Strafverfolgungsbehörden die erforderlichen Befugnisse zur Aufklärung schwerster Straftaten an die Hand zu geben, kapituliert sie vor der Internetkriminaliät. Niemand will den gläsernen Bürger. Wir dürfen das Internet aber nicht Kriminellen überlassen.
Genauso wie die Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung schwerer Kriminalität befugt sind, mit Hausdurchsuchungen und akustischer Überwachung in den geschützten Bereich von Wohnungen einzugreifen, müssen solche Befugnisse auch bei Dateien auf Computern möglich sein. Die Sicherheitslücke zu Lasten der Bürger, die mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Online-Durchsuchungen zur Strafverfolgung entstanden ist, muss schnellstmöglich geschlossen werden. Dazu ist es erforderlich, möglichst schnell einen Katalog von Straftaten zu erarbeiten, bei denen unter Beachtung rechtsstaatlicher Sicherungsmaßnahmen die Möglichkeit zur Online-Durchsuchung geschaffen wird. Ich appelliere dringend an die Bundesjustizministerin nicht aus ideologischen Gründen der notwendigen Rechtsetzung im Wege zu stehen."



Eine Kommentierung dieser PM wird später kommen. Ich muß jetzt ersteinmal einen Kaffee trinken, um mich wieder abzuregen.

Sonntag, 18. Februar 2007

Zentraler Abgleich biometrischer Passdaten gefordert - so langsam brechen alle Dämme

Wie bei heise online zu lesen ist, fordert der Bundesrat einen zentralen Abgleich biometrischer Passdaten

Der Bundesrat hat sich in seiner Plenarsitzung am heutigen Freitag für eine Speicherung von Gesichtsbildern und Fingerabdrücken aus biometrischen Ausweisdokumenten bei der Polizei sowie einen automatisierten Vergleich der höchstpersönlichen Daten mit Fahndungs-datenbanken ausgesprochen. Die Länderchefs folgten damit in allen Punkten dem Votum des federführenden Innenausschusses zum Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Passgesetzes, das wiederum in weiten Teilen auf Forderungen etwa des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) beruht. Datenschützer haben sich dagegen seit langem entschieden gegen derartige Verwendungen der sensiblen biometrischen Informationen ausgesprochen.

- Eben, durchaus zu Recht, aber bei unseren Politikern sind inzwischen wohl alle Dämme gebrochen. Dass dieses (auch) an kaum vorhandenem Widerstand in der Bevölkerung liegt - schließlich die Wähler dieser Damen- und Herrschaften - kann natürlich nur vermutet werden ...

Auch Monika Harms und Uwe Schünemann wollen spionieren

PC Welt berichtet:

„Generalbundesanwältin befürwortet Online-Durchsuchungen
Die Generalbundesanwältin Monika Harms unterstützt die Forderung von Bundesinnenministerium und Polizeibehörden nach einer gesetzlichen Regelung für so genannte heimliche Online-Durchsuchungen.Der Tageszeitung „Die Welt" sagte sie: „Wir müssen technisch auf Augenhöhe mit den Terroristen bleiben und dürfen nicht nur hinterher hecheln". ... Laut Harms könne es an der grundsätzlichen Notwendigkeit heimlicher Ermittlungsmaßnahmen jedoch keinen Zweifel geben. „Die haben wir auch im Bereich der Überwachung der Telekommunikation oder bei Observationen. Wir brauchen sie auch, weil diese Ermittlungen, wenn sie öffentlich werden, nutzlos sind."

Auch Deutschlands oberste Strafverfolgerin scheint das grundsätzliche Problem nicht zu sehen oder nicht sehen zu wollen: Nicht alles was wünschenswert oder angeblich erforderlich ist, ist auch legal bzw. verfassungskonform. Es wird höchste Zeit, dass das BVerfG diesen Leuten einmal wieder ihre Grenzen aufzeigt!

Ebenfalls bei PC Welt findet sich auch Folgendes:

„CDU-Innenminister Schünemann will unbeschränkten Computer-Zugriff
Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hat einen unbeschränkten Online-Zugriff auf Computer verdächtiger Personen gefordert.

Heimliche Online-Durchsuchungen seien ein unerlässliches Instrument für die Strafverfolgung. "Wenn wir diese Methode nicht nutzen, hätten wir in der Strafverfolgung eine weltweite Lücke." Die Folge wäre ein großer Rückstand der Sicherheitsbehörden, sagte Schünemann am Mittwoch der "Netzeitung". ... Bei einer zu schaffenden gesetzlichen Regelung darf es nach Auffassung Schünemanns keine Beschränkung für das Abgreifen von Daten durch die Strafverfolger geben. "Nur weil das Internet ein neuer Kommunikationsweg ist, darf der Zugriff nicht eingeschränkt werden."

Zudem würden die Daten nach den Regeln des Datenschutzes behandelt. Schünemann: "Wenn nichts vorliegt, wird wieder gelöscht." Für einen heimlichen PC-Check sei überdies ein richterlicher Beschluss nötig - ähnlich wie bei einer Hausdurchsuchung. "In der Regel werden die Betroffenen nach der Festplatten-Durchsuchung auch informiert", versicherte der Innenminister.

„In der Regel ..." - sehr interessant! Darf man das so verstehen, dass Festplatten-Durchsuchungen auch jetzt schon durchgeführt werden? Und überhaupt - macht eine solche nachträgliche Information diesen unerträglichen Grundrechtseingriff weniger erheblich?

Heute schon gefilmt worden?

Telepolis berichtet:
„Videoatlas von privaten Videokameras für die Polizei

Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech lässt alle Videokameras und Webcams registrieren, die für die Polizei zur Überwachung nicht-öffentlicher Bereiche interessant sein könnten

Im Kampf gegen Terrorismus würde die Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech gerne auf Bilder von privaten Videokameras zurückgreifen, wie sie an Parkhäusern, Tankstellen oder Sportstätten angebracht sind. In einem "Videoatlas" sollen dafür alle Kameras im Land registriert werden, die taugliche Daten liefern könnten, auch Webcams fallen darunter. Um Zugriff darauf zu bekommen, müsste der Landtag im Juli allerdings erst einer Änderung des Polizeigesetzes zustimmen, Datenschützer haben bereits Bedenken angemeldet. Jetzt knirscht es in Stuttgart, weil dieser Tage bekannt wurde, dass das Innenministerium sich insgeheim schon längst umschaut, wo die Polizei sich mit welchen Kameras verbinden kann."

Daten von Mautbrücken, private Webcam-Videos - das Netz wird immer dichter. Und eine gesetzliche Grundlage, die privaten Videos einzusehen bzw. zu beschlagnahmen, wird man sich dann auch schon noch basteln. Ob diese allerdings verfassungsgemäß ist, ist eine andere Frage ...

Donnerstag, 15. Februar 2007

Deutscher Anwaltverein nochmals gegen verdeckte Online-Durchsuchungen

In der aktuellen DAV-Depesche macht der Deutsche Anwaltverein nochmals seinen ablehnenden Standpunkt deutlich.

Er ist der Auffassung: "Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird ausgehöhlt, wenn Persönlichkeit und Intimität der Bürger zur Disposition gestellt werden. Dies ist der Fall, wenn heimlich und ohne weiteres auf private Daten Zugriff genommen werden darf."

Das unterschreibe ich sofort!
Dominik Boecker

Offener Brief an die Bundeskanzlerin Dr. Merkel

"Wir haben schwerste Bedenken gegen unseren Innenminister Dr. Schäuble und sehen in ihm eine deutliche Gefahr für unsere Demokratie und unsere Verfassung."

Mit diesen sehr deutlichen Worten beginnt ein von Pascal Gienger verfasster offener Brief an die Bundeskanzlerin.

Er hat auch die Gründe, warum er diesen Brief veröffentlicht, auf seiner Webseite zugänglich gemacht.

Weitere Auszüge: "Auch wir sehen die Gefahr von Terrorismus, nur sind wir nicht bereit, unsere Grundrechte für ein subjektives Sicherheitsgefühl aufzugeben, welches weder klar definierbar noch beweisbar ist." und "Um Schaden für unser Land abzuwehren legen wir Ihnen nahe, unseren Innenminister entweder zur Räson zu rufen oder ihn durch einen Menschen zu ersetzen, der die Sicherheit in unserem Lande durch Maßnahmen sicherstellen kann, die unserem Verfassungswesen entsprechen.".

Der Brief ist auf jeden Fall lesenswert.

Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, ist zu Recht ein Sklave.

Könnte ein Aphorismus besser zu dem derzeit diskutierten Thema „Online-Durchsuchung" u.a. passen als dieser von Aristoteles? Man sieht, dieser Gedanke war auch schon über drei Jahrhunderte vor Christus aktuell.

Diese und weitere zu unserem Thema passenden Aphorismen - sehr schön auch „Freiheit stirbt mit Sicherheit" von Kurt Tucholsky - finden sich hier.

Noch einer gefällig? „When privacy is outlawed, only outlaws will have privacy." (Phil Zimmermann)

Thüringer Datenschutzbeauftragter gegen Online-Durchsuchungen

Der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz, Harald Stauch, wendet sich mit einer Pressemeldung gegen verdeckte Online-Durchsuchungen.

Frau Zypries will überlegen ...

Die Rede von Brigitte Zypries auf dem 10. Europäischer Polizeikongress u.a. zur Thematik der „Online-Durchsuchung" steht auf der Homepage ihres Ministeriums.

Ihr Fazit:

„Ich meine, wir sollten daher sehr gut überlegen, ob wir wirklich neue, heimliche Überwachungsbefugnisse brauchen. Das gilt für den repressiven Bereich genauso wie für das präventive Handeln. Das hohe Ansehen unserer Polizei rührt auch daher, dass sie das Licht der Öffentlichkeit nicht zu scheuen braucht. Wir sollten es mit sogenannten Online-Durchsuchungen nicht leichtfertig aufs Spiel setzen."

Man darf auf das Endergebnis dieser Überlegungen gespannt sein!

Dienstag, 13. Februar 2007

Brigitte Zypries - Teils durchaus auf Schäubles Linie

In dem Bericht von heise online vom 10. europäischen Polizeikongress in Berlin findet sich ein interessanter Nebensatz:

„Anders als bei der LKW-Maut, deren Daten zur Fahndung fertig vorliegen (!) würden und nach Zypries durchaus von der Polizei genutzt werden sollten ..."

Zunächst bestätigt Frau Zypries also noch einmal, was leicht übersehen wird - aber dennoch Tatsache ist: Die beliebten Mautbrücken fotografieren alles was Ihnen vor die Linse kommt. Dies hat auch Joachim Rieß, Datenschutzexperte bei Toll Collect, schon vor Jahren eingeräumt: "Es stimmt, dass das System zunächst einmal jedes Fahrzeug, das auf die Mautbrücke zufährt, fotografiert."

Was die Datensammelwut per Mautbrücken und das so mögliche Anlegen von Bewegungsprofilen angeht, sind Frau Z. und unser Oberschnüffelminister also offensichtlich durchaus auf einer Wellenlänge. Fragt sich jetzt noch jemand wirklich, weshalb dieses milliardenschwere System in der BRD installiert werden musste, anstatt die weitaus billigere und technisch wesentlich unkompliziertere österreichische Variante zu übernehmen?

Kann (und will) Frau Zypries „Kommissar Trojaner" stoppen?

tagesschau.de veröffentlicht einige Stimmen zu „Kommissar Trojaner"

„Zypries lässt "Kommissar Trojaner" warten
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat Forderungen nach heimlichen Online-Durchsuchungen eine Absage erteilt. Bevor man nach neuen Gesetzen rufe, müsse zunächst der Bedarf geklärt werden, sagte sie auf dem 10. Europäischen Polizeikongress in Berlin. Zudem müssten die Grundrechte der Bürger geschützt werden."

Naja, aufgeschoben ist nicht aufgehoben, oder?

„Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, beharrte bei der Tagung auf einer raschen Gesetzesänderung, wie sie von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble angekündigt worden war. ...

Online-Razzien sollte es nur in Einzelfällen und nach richterlicher Anordnung geben, so Ziercke weiter. Das Internet werde immer stärker von Terroristen und Kriminellen genutzt. Es gehe darum, kriminelle Netzwerke zu entdecken. Die jährliche Steigerungsrate bei Internet-Straftaten bezifferte Ziercke auf 115 Prozent, jedes Jahr kämen rund 20.000 neue Schadprogramme hinzu. Das Internet sei zudem das wichtigste Kommunikations-Forum islamistischer Terroristen."

Diese wirre Zusammenstellung von denkbaren negativen Begleiterscheinungen des Internets zeigt m.E. nur eines deutlich: Entweder der Mann hat überhaupt keine Ahnung vom Thema, oder aber schlimmer: Das Volk soll mit dramatisch klingenden Zahlen verdummt werden. Als „Internet-Straftat" lässt sich auch ein Betrug bei ebay qualifizieren, wo jemand Geld kassiert, aber keine oder nur minderwertige Ware liefert. Und „20.000 neue Schadprogramme" - jeder Virus ist mehr oder weniger ein „Schadprogramm". Will der Herr wirklich die PCs aller hierfür Verantwortlichen mit Staatstrojanern attackieren - oder „nur in Einzelfällen" und selbstverständlich „nur nach richterlicher Anordnung"???

„Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnte die Forderung ab, verdeckte Online-Durchsuchungen gesetzlich zu erlauben. "Staats-Hacking darf nicht legitimiert werden", erklärte die Vorsitzende des DAV-Ausschusses Gefahrenabwehrrecht, Heide Sandkuhl." EBEN!


Zur Erinnerung die ersten beiden Leitsätze des Volkszählungsurteils aus dem Jahre 1983, BVerfGE 65,1 - Nie waren sie so wertvoll wie heute:

1. Unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung wird der Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfaßt. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.

2. Einschränkungen dieses Rechts auf "informationelle Selbstbestimmung" sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muß. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch hat er organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken.

Guter Trojaner <-> böser Trojaner und das Pippilotta-Prinzip

Auf dem 10. europäischen Polizeikongress soll BKA-Chef Jörg Ziercke gesagt haben, dass "explodierenden Botnetze in Millionenhöhe", bei denen über Trojaner fremde Rechner zweckentfremdet werden, um Spam zu verschicken, besonders problematisch sein sollen.

Mir stellen sich an dieser Stelle zwei Fragen: SPAM ist keine Straftat und ich sehe nicht, dass das BKA für diesen Bereich überhaupt zuständig sein könnte.

Aber die Klärung dieser Frage möchte ich mal außen vor lassen: wenn Trojaner, die fremde Rechner zweckentfremden, ein Problem sind, ist es dann nicht auch ein Problem, wenn das BKA - über den Weg wird derzeit kräftig spekuliert; das Stichwort "Bundestrojaner" fällt immer wieder - auch fremde Rechner zweckentfremden kann? Oder soll das Spielchen guter Trojaner, böser Trojaner aufgemacht werden? Wer definiert dann was?

Wenn das Trojanerartig aufgezogen werden wird: Verfolgt sich das BKA dann künftig selbst? Abteilung gegen Abteilung? In Anlehnung an den CTF-Wettbewerb der UCSB?

Etwas Weiteres halte ich auch noch für Festhaltenswert: "Als bis dato größten Fahndungserfolg nennt Ziercke die Verhaftung von acht türkischstämmigen Jugendlichen, die durch Internet-Videos radikalisiert nach der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Dänemark ein Attentat auf die Sängerin Nena planten." Ist das diese "Anschlagsplanung" geweisen: Aufklärung bei der ARD und Aufklärung beim Tagesspiegel?

Mal abgesehen davon, dass ein 54-jähriger kein Jugendlicher ist: Ist es wirklich ein Erfolg, wenn 8 Leute festgenommen werden, deren Wohnungen durchsucht werden, aber nichts, was einen Haftbefehl rechtfertigen würde, gefunden wird und die Festgenommenen deswegen wieder frei kommen?

Für das Pippilotta-Prinzip sollte nach meiner Überzeugung in einem derart sensiblen Bereich kein Platz sein.

Deutscher Anwaltverein gegen Staats-Hacking

„Der Deutsche Anwaltverein (DAV) lehnt die Forderung des Bundesinnenministers, verdeckte Online-Durchsuchungen gesetzlich zu erlauben, ab. Die Politik ist aufgefordert, Grundrechtswerte zu vermitteln - nicht aber zu missachten. Insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird aber ausgehöhlt, wenn Persönlichkeit und Intimität der Bürger zur Disposition gestellt werden. Dies ist der Fall, wenn heimlich und ohne weiteres auf private Daten Zugriff genommen werden darf.

„Staats-Hacking darf nicht legitimiert werden", so Rechtsanwältin Dr. Heide Sandkuhl, Vorsitzende des Ausschusses Gefahrenabwehrrecht des DAV. Bereits im Jahr 2004 hat das Bundesverfassungsgericht die akustische Wohnraumüberwachung partiell für verfassungswidrig erklärt und klargestellt, dass Strafverfolger nicht in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung eingreifen dürfen. Hieran müssen sich alle Forderungen messen lassen, die eine heimliche Online-Durchsuchung geregelt wissen wollen."

Das sollte einem promovierten Volljuristen wie unserem Oberschnüffelminister eigentlich klar sein. Aber leider lässt der Herr ja jeden Respekt vor der Verfassung vermissen, immer nach dem Motto: Ist ein Gesetz verfassungswidrig, muss eben diese geändert werden (und nicht etwa das Gesetz).

Montag, 12. Februar 2007

Können (noch nicht einmal erhobene) Daten Begehrlichkeiten wecken?

Man möge mir diese rhetorische Frage verzeihen:

"Damit auch eine Täuschung über die Identität der kontrollierten Person mittels eines echten Passes, der unrichtige Angaben enthält, aufgedeckt werden könne, müssten die erhobenen biometrischen Daten (Lichtbild, Fingerabdruck) durch den kontrollierenden Beamten mit geeigneten Referenzdatenbanken automatisiert abgeglichen werden. Als Referenzdateien kämen erkennungsdienstliche Dateien der Polizeien des Bundes und der Länder in Betracht." (der Tippfehler ist aus dem Original übernommen)

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Passgesetzes und weiterer Vorschriften: Drucksache: 16/07 Tagesordnungspunkt 28 der 830. Sitzung des Bundesrates am Freitag, dem 16. Februar 2007.

Update 13.02.07, 16:40: conz merkt dankenswerterweise an, dass die Daten (teilweise) bereits seit November 2005 erhoben werden, also schon eine Menge an Daten vorhanden sind.

Ein Blick über die Grenze: Schweiz

Ambivalentes wird von dort gemeldet: http://www.heise.de/newsticker/meldung/85111/

Einerseits sollen dort "Softwarewanzen" zum Einsatz kommen; und zwar durch den Inlandsgeheimdienst DAP und das auch noch ohne jeden strafrechtlichen Verdachtsmoment (was beim Geheimdienst ja noch halbwegs verständlich wäre), andererseits warnt Dr. Thomas Hansjakob, Leiter der Arbeitsgruppe Organisierte Kriminalität der Strafverfolgungsbehörden der Schweiz, vor einem zu leichtfertigen Einsatz ohne richterliche Kontrolle. Er ist dafür, dass dies auf Ausnahmefälle mit richterlicher Erlaubnis beschränkt werden muß und dass die Betroffenen nachträglich informiert werden.

Andererseits setzt er sich für eine drastische Verlängerung des Speicherzeitraumes bei einer Vorratsdatenspeicherung von Internet-Verbindungsdaten auf 10 Jahre ein und ist für drastische Bußgelder für Telekomunternehmen bei Nichtbefolgung.

Zurückhaltende Worte von Sebastian Edathy bei SpOn

Der Name Sebastian Edathy war mir bislang nicht untergekommen. Er ist Mitglied des Deutschen Bundestages (Wahlkreis Nienburg-Schaumburg) und Vorsitzender des Innenausschusses.

Aber in seinem Interwiew mit SpOn findet er hinsichtlich der Ansinnen des Herrn Schäuble zwischenzeitlich deutliche Worte. Zwei seiner Aussagen, die mir persönlich gut gefallen haben, anbei:

"Der Bundesinnenminister schlägt regelmäßig erhebliche Eingriffe ins Grundgesetz vor, hat dafür aber keine guten Argumente. Ich bin der Überzeugung, dass wir auf der Grundlage der geltenden Verfassung die Scherheits-Herausforderungen gut bewältigen können."

"Demokratische Rechte zu beschneiden, um die Demokratie zu schützen, wäre ein massiver Fehler."

Auch wenn ich sonst wahrscheinlich nicht mit den politischen Überzeugungen des Herrn Edathy überein gehe: Meine Wertung: sehr lesenswert! Hoffentlich bringt er das notwendige Rückgrat mit, um den wahrscheinlich folgenden (politischen)
Angriffen Paroli bieten zu können.

Freitag, 9. Februar 2007

Willkommen, Herr Kollege!

Gestern Abend bat mich der Kollege Dominik Boecker, hier als Gastautor mitwirken zu dürfen. Dieser Bitte bin ich gerne nachgekommen. So sind wir doch schon zwei, die - bei aller Ohnmacht gegenüber der dumpfen Masse, die angeblich „nichts zu verbergen" hat *) - immerhin nicht tatenlos zusehen wollen, wie die persönliche Freiheit mit erheblich zunehmendem Tempo immer weiter den Bach runtergeht.

Weitere Mitstreiter(innen) sind gern gesehen!

*) Heinz Rudolf Kunze sagte hierzu einmal - es ist schon ca. 20 Jahre her - „Schämen sollte sich jeder, der - so gesehen - nichts zu verbergen hat."

Neuer Mitschreiber im Schnüffelblog

Im Laufe des heutigen Abends habe ich mich beim Autoren dieses Blogs gemeldet, um ihn um einem Gastzugang in diesem Blog zu bitten.

Der Themenbereich Datensammlung, und wer diese Daten wann und unter welchen Umständen bekommt, bzw. bekommen kann, liegt mir persönlich sehr am Herzen, weil ich es eminent wichtig finde, dass jeder die Kontrolle über die ihn betreffenden personenenbezogenen Daten behalten kann.

Die mit meinem Namen gekennzeichneten Beträge stammen aus der Feder von:

Rechtsanwalt Dominik Boecker, Hohenstaufenring 57a, 50674 Köln, Tel: 0221-3975725, Fax: 0221-3975724, mailto:kanzlei@rechtsanwalt-boecker.de

Etwaige Beschwerden und Beanstandungen meiner Beiträge bitte ich ausschliesslich bei mir abzugeben.

Donnerstag, 8. Februar 2007

Schäuble - ahnungslos aber anständig!?

Die taz hat am o8.o2.2007 ein Interview mit unserem Oberschnüffelminister veröffentlicht, wozu sich kleine Spontankommentare geradezu aufdrängen (kursiv). Davon unabhängig, es sage nachher niemand, er hätte nicht gewusst, was dieser Mann und seine Koalitionäre vorhaben!

"Terroristen sind auch klug"

INTERVIEW CHRISTIAN RATH

taz: Herr Schäuble, sind Sie der ranghöchste Hacker Deutschlands?

Wolfgang Schäuble: Nein, ich komme in keinen Computer rein, ich weiß auch kaum, wie die Polizei das macht. Ich weiß gerade mal so, was ein Trojaner ist.

Ach, wirklich? Aber die Installation von so was fordern ... (!)

Haben Sie Angst vor den sogenannten Trojanern, also vor Spionagesoftware?

Nein, ich öffne grundsätzlich keine Anhänge von E-Mails, die ich nicht genau einschätzen kann. Außerdem bin ich anständig, mir muss das BKA keine Trojaner schicken.

... sogar so anständig, dass ich vor keiner Vergewaltigung der Verfassung zurückschrecke!

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Montag das heimliche Ausspähen von privaten Computern durch die Polizei bis auf weiteres für illegal erklärt. Eine Schlappe für den Bundesminister des Innern, der solche Onlinedurchsuchungen propagiert?

Nein. Der BGH hat ja nicht gesagt, das sei überhaupt nicht erlaubt. Er hat nur eine gesetzliche Grundlage gefordert, und die werden wir schaffen.

Klar doch, wäre ja gelacht, wenn wir den kläglichen Rest des Datenschutzes nicht auch noch kleinkriegen würden.

Sind Sie da so sicher? Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ist in dieser Frage deutlich skeptischer.

Wie die Regelung konkret aussehen wird, ist noch offen, aber sie wird kommen. Da ist ein breiter Konsens in der Regierungskoalition. Ich habe von niemand gehört, dass wir gar nichts machen sollen.

Die parteiübergreifende Schnüffelkoalition bei der Arbeit!

Warum wollen Sie Computer unbedingt heimlich überwachen? Genügt es nicht, den Rechner bei einer Hausdurchsuchung zu beschlagnahmen und dann auszuwerten?

Nein, es gibt Fälle, da würden die Ermittlungen vorschnell gestört, wenn die Polizei eine Hausdurchsuchung macht. Dann würden Hintermänner und Komplizen gewarnt und könnten ausweichen. Außerdem ist ein Laptop ja auch leicht zu verstecken, vielleicht wird er bei einer Durchsuchung gar nicht gefunden. Ans Internet muss er aber immer wieder.

... und dann schnappen wir ihn - aber wieso nur ihn? Auch Frauen haben Computer!

Soll es solche Onlinedurchsuchungen künftig fünfmal im Jahr geben oder 50.000-mal?

Das hängt davon ab, wie sich die Internet- und Computernutzung entwickelt. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, welche Bedeutung das Internet heute hat? Da will ich mich nicht festlegen. Und natürlich hängt die Antwort auch davon ab, bei welchen Straftaten die Methode angewandt werden darf.

Und wenn es 500.000 mal wäre, wen stört denn das - mich jedenfalls nicht, denn ich bin ja „anständig" (s.o.)

Wofür plädieren Sie?

Als Innenminister, der für die Sicherheit dieses Landes zuständig ist, bin ich natürlich für einen weiten Anwendungsbereich. Die Justizministerin, Frau Zypries, ist da zurückhaltender. Da sind wir noch etwas auseinander. Aber wir sind ja erst am Anfang der Diskussionen.

... und die Sozi-Tussi werden wir schon noch kleinkriegen!

Sollen nur die Computer von Verdächtigen ausspioniert werden oder auch die von bloßen "Kontaktpersonen"? Sollen Computer nur einmalig durchsucht oder über einen längeren Zeitraum überwacht werden?

Die Fachleute melden uns jetzt den ermittlungstaktischen Bedarf. Dann formulieren wir einen Gesetzentwurf, der politisch abgestimmt wird. Und dann kann ich Ihre Frage beantworten.

(Wie gesagt: „kann", werde ich aber nicht!)

Auf der Computerfestplatte findet man auch sehr persönliche Details zu Liebe, Gesundheit und Steuererklärung. Wie wollen Sie den "Kernbereich privater Lebensführung", dessen Schutz das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe besonders angemahnt hat, beachten?

Ich kenne und respektiere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der Privatsphäre. Aber wir müssen auch sehen, dass dieser Schutz in der Alltagswirklichkeit praktikabel bleibt. Verbrecher und Terroristen sind klug genug, so etwas auszunutzen. Die tarnen ihre Informationen dann zum Beispiel als Tagebucheintrag. So leicht dürfen wir es denen nicht machen.

... und außerdem sollen die Ermittler doch auch ihren Spaß haben, oder?

Der Strafrechtsprofessor Matthias Jahn hat am Dienstag in einem taz-Interview vor der Einführung von Onlinedurchsuchungen eine Grundgesetzänderung gefordert, da es um Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung geht. Sehen Sie das auch so?

Bisher nicht. Aber wir werden prüfen, ob eine Verfassungsänderung nötig ist.

Wäre doch gelacht, wenn wir uns von der Verfassung von irgendetwas abhalten lassen würden.

Soll auch das Bundesamt für Verfassungsschutz Onlinedurchsuchungen machen?

Ich bin dafür. Ich habe immer betont, dass angesichts der terroristischen Bedrohung die Vorfeldaufklärung mindestens so wichtig ist wie die Strafverfolgung - vor allem, wenn es um Selbstmordattentäter geht. Ob wir aus der Karlsruher Entscheidung auch für den Verfassungsschutz Konsequenzen ziehen müssen, werde ich im Rahmen der ohnehin eingeleiteten Novelle des Verfassungsschutzgesetzes prüfen lassen.

Prüfen kann man ja mal (und die Prüfer suchen wir aus), ob man sich danach richtet, ist eine andere Frage.

Hat der Verfassungsschutz des Bundes schon bislang private Computer gehackt?

Zu operativen Fragen nehme ich nur im Parlamentarischen Kontrollgremium Stellung.

... was nicht heißt, dass ich dort die Wahrheit sagen werde.

Verstehen Sie, wenn die Menschen beunruhigt sind, weil die Sicherheitsbehörden immer neue Befugnisse bekommen?

Die meisten Menschen sind über Terrorismus und Kriminalität beunruhigt, nicht über polizeiliche Schutzmaßnahmen. Sie wollen, dass der Staat ihre Sicherheit garantiert. Dazu muss er auch neue Technologien nutzen. Wir können nicht stehen bleiben, wenn das Verbrechen und der Terrorismus immer neue Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung haben.

... und deshalb kontrollieren und speichern wir vorsichtshalber einfach alles, was da so auf der Datenautobahn kreucht und fleucht.

Muss die Polizei alles nutzen, was technisch möglich ist?

Polizei und Justiz dürfen sich dem technischen Fortschritt jedenfalls nicht verschließen. Denken Sie an die Nutzung der DNA-Analyse. Sie hat viele Fahndungserfolge gebracht, aber auch vielen fälschlich verdächtigten oder verurteilten Menschen ermöglicht, ihre Unschuld zu beweisen. Technischer Fortschritt ist in einem Rechtsstaat auch ein wesentlicher Beitrag für mehr Gerechtigkeit. Orwell'sche Visionen halte ich deshalb für ziemlich übertrieben. Wir wollen nicht den gläsernen Menschen, und Sie können sicher sein, dass wir uns immer im Rahmen der geltenden Rechtsordnung halten.

... nein, den gläsernen Menschen wollen wir nicht, er muss nur schön durchsichtig sein. Und was die „geltende Rechtsordnung" ist, bestimmen schließlich wir!

Gegen die ebenfalls geplante Vorratsspeicherung aller Telefon-, E-Mail- und Internetverbindungsdaten wollen 10.000 Menschen Verfassungsbeschwerde einlegen. Stimmt Sie das nicht nachdenklich?

So etwas regt mich nicht mehr auf.

Klartext: Was „die Straße" denkt, wie mein Kollege Kohl zu formulieren pflegte, ist mir nun wirklich sch***egal! Dass es sich hier um den höchsten Souverän handelt, von dem alle Staatsgewalt ausgeht (vgl. Art. 20 Abs. II GG) kann uns doch nicht ernsthaft kümmern, oder ?

Und was sagen Sie zum Vorwurf, dass der Staat bei der Vorratsspeicherung ins Blaue hinein gewaltige Datenmengen über das Kommunikationsverhalten der ganzen Bevölkerung sammelt?

Letztlich geht es immer um die Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit. Die Datenschützer sind ja nicht moralisch höherwertig, weil sie mehr Gewicht auf die Freiheit legen. Und ich bin kein schlechterer Mensch, weil ich mehr Gewicht auf den Schutz vor Verbrechern lege.

Datenschützer sind sogar extrem minderwertig, weil sie uns dauernd kritisieren. Den milliardenschweren Datenschrott können wir dann vielleicht auch noch an Werbeagenturen verkaufen. Und ich bin eigentlich gar kein Mensch, sondern eine rollende Paranoia.

Derzeit werden biometrische Pässe eingeführt, und biometrische Personalausweise sollen ab 2008 folgen. Dann sind Passbilder und Fingerabdrücke der ganzen Bevölkerung digital erfasst - ein wunderbares Fahndungsinstrument.

Das ist nicht geplant. Die biometrischen Merkmale sollen die Ausweispapiere fälschungssicher machen und sicherstellen, dass Passinhaber und vorlegende Person identisch sind. Mit Fahndung hat das nichts zu tun. Die biometrischen Daten sind ja auch ausschließlich auf dem Chip des Ausweispapiers gespeichert.

Aaaaaber sicher doch !!!

Und sie sind bei keiner staatlichen Behörde gespeichert? Weder zentral noch dezentral?

So ist das vorgesehen.

Was natürlich nicht heißt, dass wir das nicht doch anders machen.

Und wie lange gilt dieses Versprechen?

Der Gesetzgeber behält immer die Möglichkeit, einmal getroffene Entscheidungen später zu revidieren. Da lege ich mich jetzt nicht fest.

Wozu auch? Ist doch eh egal! Und überhaupt - haben Versprechen von Politikern überhaupt jemals gegolten? Und schließlich, versprechen kann man sich doch mal, oder?

Es könnte also sein, dass die biometrischen Daten der neuen Ausweispapiere, wenn diese erst einmal eingeführt sind, doch in einer großen Datei zusammengeführt werden - einer Datei, auf die Polizei und Verfassungsschutz dann Zugriff haben?

Ich bin mit Aussagen für die Ewigkeit sehr zurückhaltend.

s.o.

Sagen Sie das jetzt, weil man bei den Mautdaten schon einmal versprochen hat, dass sie nicht für Fahndungszwecke eingesetzt werden, und Sie das jetzt doch planen?

Ja, daraus habe ich gelernt. Ich bekenne, auch, ich habe Ende 2004 der Regelung im Mautgesetz zugestimmt, die eine Verwendung der Mautdaten für Fahndungszwecke ausdrücklich verbietet. Aber wie mein Kollege, der SPD-Abgeordnete Dieter Wiefelspütz, halte ich das heute für einen schweren Fehler.

Ein "schwerer Fehler" ist, dass diese beiden Herren noch Politik machen und nicht längst von der Wählerschaft in die Wüste gejagt wurden

Warum?

Es kann nicht sein, dass der Staat diese Daten hat, sie aber ausschließlich für die Abrechnung der Lkw-Maut nutzt und deshalb einen Mord nicht aufklären kann. Das versteht ja kein Mensch.

Klar, alle Kraftfahrer sind potentielle Mörder! Und wozu habe wir diesen milliardeschweren Schrott denn sonst installiert? Für reine Mauterfassung hätte auch das österreichischen Modell gereicht, das einen minimalen Bruchteil dessen kostet und die Landschaft nicht so verschandelt.

Ist das nicht eine Salamitaktik? Bei der Einführung neuer Technologien wird beteuert, die Sicherheitsbehörden bekämen keinen Zugriff auf die anfallenden Daten. Und kaum ist die Technologie durchgesetzt, nutzt man das nächstbeste Verbrechen, um der Polizei doch alle Zugänge zu öffnen.

Das wäre vielleicht bedenklich, wenn es eine absichtliche Taktik wäre. Aber beim Mautgesetz gab es sicher keinen derartigen Hintergedanken. Heute bin ich ja auch viel vorsichtiger. Von mir hören Sie keine Versprechungen mehr, dass alles so bleibt, wie es ist. Das wäre auch undemokratisch.

... und wen interessieren Versprechungen von Politikern überhaupt???

Warum?

Ich kann doch nicht den Gesetzgeber auf Jahre hinaus festlegen. Da würde ich mich ja außerhalb des Rechtsstaats stellen. Nein, wenn es um die Einführung neuer Ermittlungsmethoden geht, wird öffentlich diskutiert, das ist ganz transparent in der Demokratie, und am Ende entscheidet die Mehrheit.

... transparent - welch’ passendes Wort in diesem Zusammenhang!

Bei der Onlinedurchsuchung haben Sie aber zunächst keine Gesetzesänderung vorgesehen. Noch im Herbst haben Sie im Bundestag betont, dass dies nicht erforderlich sei.

Da gab es ja auch noch keine rechtlichen Probleme. Die Bundesanwaltschaft hatte erklärt, dass die neue Maßnahme rechtlich als Hausdurchsuchung zu werten ist, ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof hat dies im Februar bestätigt. Erst im November hat ein anderer BGH-Ermittlungsrichter das Fehlen der Rechtsgrundlage moniert. Diese Ansicht, die ein BGH-Strafsenat jetzt bestätigt hat, akzeptiere ich. Und nun diskutieren wir über eine Neuregelung.

... und überhaupt, was interessiert mich mein Geschwätz von gestern. Nur weil ich promovierter Volljurist bin, muss ich doch keinen Respekt vor Recht, Verfassung oder sonstwas haben, oder ???

P.S. Die wohl nicht nur von dem Kollegen Udo Vetter im lawblog geäußerte leise Hoffnung, dass es sich bei diesem Interview tatsächlich um gut gemachte Satire handelt, ist spätestens jetzt geplatzt, nachdem sogar unser aller Bundesregierung diesen unsäglichen Müll offiziell veröffentlicht hat:

Tja, Wahrheit kann härter sein als Satire!

"Bundestrojaner" - gibt es den überhaupt?

Eine interessante Abhandlung zu diesem Thema findet sich bei Telepolis.
P.S. Anders als der dortige Autor scheint der nun wahrlich nicht als inkompetent bekannte Chaos Computer Club die Online-Schnüffelei für technisch durchaus möglich zu halten ...

Mittwoch, 7. Februar 2007

NRW-Datenschutzbeauftragte warnt vor Maßlosigkeit bei Überwachung

Nordrhein-Westfalens Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol hat dem Staat "Maßlosigkeit" bei der Überwachung von Bürgern und der Sammlung von Daten vorgeworfen. Seit Jahren sei ein "überzogenes Präventionsdenken" sowohl beim Überwachen von Telefonen und Computern als auch bei der Speicherung von Daten, etwa in DNA-Dateien, zu beklagen, sagte Sokol bei der Vorlage ihres Jahresberichts in Düsseldorf.

Weiteres bei Heise

Vorratsdatenspeicherung - Der Widerstand formiert sich

PC Magazin meldet:

Vorratsdatenspeicherung: 10.000 wollen nach Karlsruhe ziehen

Über 10.000 Personen sind dem Aufruf des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung gefolgt und haben sich für eine Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung angemeldet. 2.500 Teilnehmer haben dem Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik bereits eine schriftliche Vollmacht zugesandt.
...
"Es ist ein offensichtlich unverhältnismäßiger Eingriff in unsere Grundrechte, das Kommunikations- und Bewegungsverhalten der gesamten Bevölkerung zu protokollieren, um die Aufklärungsquote um mikroskopische 0,006 Prozent steigern zu können", begründet der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung die Aktion.
...
Jeder zehnte der bislang angemeldete Beschwerdeführer ist in einem Vertrauensberuf tätig, davon 19 Prozent als Journalisten, 7 Prozent als Ärzte, Zahnärzte oder Apotheker sowie 5 Prozent als Rechtsanwälte. Auch Geistliche, Heilpraktiker, Krankenpfleger, Psychologen, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Unternehmensberater wehren sich gegen die "geplante Abbildung ihrer vertraulichen Kontakte", so der Arbeitskreis.

Montag, 5. Februar 2007

Heimliche Online-Durchsuchungen unzulässig

FAZ.NET berichtet:

Eilmeldung

Heimliche Online-Durchsuchungen unzulässig

05. Februar 2007
Heimliche Durchsuchungen der Festplatten von Computern durch die Polizei sind unzulässig. Das entschied am Montag der Bundesgerichtshof in Karlsruhe.

Die Durchsuchung der im Computer eines Beschuldigten gespeicherten Daten sei nicht durch die Strafprozessordnung gedeckt, stellten die Richter fest. Die Strafprozessordnung erlaube nur eine offene Durchsuchung.

In Kürze mehr bei FAZ.NET.

Na also, die Woche fängt gut an, nicht wahr, Herr Schäuble + Herr Wiefelspütz?!!! ;-)

Hierzu die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

Nr. 17/2007

Verdeckte Online-Durchsuchung unzulässig

Die heimliche Durchsuchung der im Computer eines Beschuldigten gespeicherten Dateien mit Hilfe eines Programms, das ohne Wissen des Betroffenen aufgespielt wurde (verdeckte Online-Durchsuchung), ist nach der Strafprozessordnung unzulässig. Es fehlt an der für einen solchen Eingriff erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Das hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs auf die Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen einen Beschluss entschieden, mit dem der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Antrag auf eine verdeckte Online-Durchsuchung abgelehnt hatte.

Nach der Entscheidung ist die verdeckte Online-Durchsuchung insbesondere nicht durch § 102 StPO (Durchsuchung beim Verdächtigen) gedeckt, weil die Durchsuchung in der Strafprozessordnung als eine offen durchzuführende Ermittlungsmaßnahme geregelt ist. Dies ergibt sich zum einen aus mehreren Vorschriften des Durchsuchungsrechts zu Gunsten des Beschuldigten - Anwesenheitsrecht (§ 106 Abs. 1 Satz 1 StPO) und Zuziehung von Zeugen (§ 105 Abs. 2, § 106 Abs. 1 Satz 2 StPO) -, deren Befolgung als zwingendes Recht nicht zur Disposition der Ermittlungsorgane steht. Zum anderen folgt dies aus einem Vergleich mit den Ermittlungsmaßnahmen, die - wie die Überwachung der Telekommunikation (§§ 100 a, b StPO) oder die Wohnraumüberwachung (§§ 100 c, d StPO) - ohne Wissen des Betroffenen durchgeführt werden können, für die aber deutlich höhere formelle und materielle Anforderungen an die Anordnung und Durchführung bestehen. Auch andere Befugnisnormen der Strafprozessordnung gestatten die verdeckte Online-Durchsuchung nicht.

Beschluss vom 31. Januar 2007 - StB 18/06

Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs - 1 BGs 184/06 - Entscheidung vom 25. November 2006

Karlsruhe, den 5. Februar 2007

Samstag, 3. Februar 2007

Zwei Programmierstellen für den "Bundestrojaner"

"In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zur Rechtmäßigkeit von Online-Untersuchungen hat die Bundesregierung erstmals Details zum geplanten "Bundestrojaner" veröffentlicht. Als "Bundestrojaner" wird inoffiziell der Teil eines Programmes bezeichnet, der Spyware-Code auf einen PC einschleust, damit eine Online-Durchsuchung durch die Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdienste möglich ist.

Nach Auskunft der Bundesregierung sind für die Programmierung der Software zwei Programmierstellen notwendig, die teils aus laufenden Mitteln, teils von Mitteln aus dem Programm zur Stärkung der Inneren Sicherheit bezahlt werden. Insgesamt soll das Tool zur Online-Durchsuchung nicht mehr als 200.000 Euro kosten.

Insgesamt lässt die Antwort der Bundesregierung keinen Zweifel daran, dass die Online-Durchsuchung ein unverzichtbares Instrument der Strafverfolger und Verfassungsschützer sein wird. Als Vorteil gegenüber einer "offenen Durchsuchung" eines Rechners vor Ort wird die Tatsache genannt, dass die Beschuldigten keine Kenntnis von den gegen sie geführten Ermittlungen haben und damit nicht die "Aufdeckung von Täterstrukturen" erschweren oder gar vereiteln können. "Während eine 'offene' Durchsuchung regelmäßig eher am Ende eines Ermittlungsverfahrens steht, kann die Online-Durchsuchung in einem Stadium, in dem das Ermittlungsverfahren dem Beschuldigten noch nicht bekannt ist, dazu dienen, Ermittlungsansätze auch im Hinblick auf weitere Tatbeteiligte oder Tatplanungen zu gewinnen." Eine Online-Durchsuchung kommt somit selten allein."

Weiteres bei Heise online

Festzuhalten bleibt, dass die Angriffe der Bundesregierung auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürger immer unverfrorener werden. So verstieg sich der, Innenexperte der SPD-Fraktion im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, sogar zu der Bemerkung, man müsse darüber diskutieren, "was denn da eigentlich so privat ist" im Online-Bereich und "was das Schlafzimmer im Internet" sei.

M.E. dürfte es allerdings nicht lange dauern, bis findige Programmierer geeignete Software entwickeln, um diesem Unsinn Einhalt zu gebieten. Dann wird die Bundesregierung wieder viel Geld für ein sinnloses Projekt verschwendet haben, aber der angebliche Kampf gegen den Terror heiligt ja jedes noch so schwachsinnige Mittel ...

Donnerstag, 1. Februar 2007

BigBrotherAwards beginnen mit den Nominierungen für 2007

(Nein, es geht NICHT um DsdS)

Nominieren Sie hier bis zum 15. Juli 2007. Organisationen, Institutionen, Verbände oder Personen, die Ihres Erachtens für die Verleihung eines BigBrotherAwards in Frage kommen.

Seit 1998 wird ein solcher Preis in verschiedenen Ländern und seit dem Jahr 2000 auch in Deutschland an Firmen, Organisationen und Personen verliehen, die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen oder persönliche Daten Dritten zugänglich machen.

Da fällt Ihnen doch bestimmt etwas ein, oder?